Entwicklungspsychologen verwenden den Begriff "Pandemic Wall" (dt. etwa Pandemiewand), um die tiefe Müdigkeit in unserem Geist und Körper zu beschreiben, nachdem wir uns über ein Jahr lang in diesem Ausnahmezustand befunden haben, von dem wir anfangs mal dachten, er wäre nur kurz und vorübergehend.

Kinder können Enttäuschungen noch nicht so gut verarbeiten, außerdem können sie ihre Gefühle noch nicht so leicht identifizieren oder mit ihnen umgehen, sagt Jaleel K. Abdul-Adil, außerordentlicher Professor für klinische Psychologie an der University of Illinois in Chicago, gegenüber CNN. In diesem ständigen Zustand der Enttäuschung werden sie von Emotionen überwältigt, mit denen sie nicht umgehen können.

Kinder erleben Zeit in der Regel durch Ereignisse und Aktivitäten wie Training, Aufführungen, Geburtstagsfeiern und so weiter, erklärt Jennifer Kelman, eine klinische Sozialarbeiterin und Familientherapeutin, gegenüber CNN. Da diese Dinge das letzte Jahr über nicht stattfinden konnten, fühlen sich viele Kinder, als wäre die Zeit einfach stehengeblieben.

Kinder sind oft deutlich optimistischer, was die Welt angeht, aber viele Eltern sehen jetzt, dass ihre Kinder, die früher von Dingen wie der Schule begeistert waren, plötzlich unmotiviert sind und zunehmend faul wirken.

Unter Berufung auf die bekannten fünf Phasen der Trauer – Verleugnung, Wut, Verhandeln, Depression und Akzeptanz – schlägt Kelman vor, dass Kinder, während sie um das verlorene normale Leben trauern, in der Wut- oder Depressionsphase stecken bleiben könnten.

Es wird berichtet, dass Kinder, insbesondere solche unter fünf Jahren, längere, lautere und untröstlichere Wutanfälle haben als je zuvor.

Kinder fallen im Unterricht zurück, und der Stress, der ihnen gemacht wird, um mit Nachhilfeunterricht, Tutoren oder Sommerschule "aufzuholen", ist auch nicht hilfreich. Außerdem fühlen sich viele Kinder unmotiviert, was ihre Einstellung zur Schule insgesamt beeinträchtigen kann.

Die Pandemie hat den Lehrern die Möglichkeit genommen, besonders aufmerksam auf die Schüler einzugehen, die es brauchen, und der Einheitsstil des Online-Unterrichts erweist sich als wirklich katastrophal für Kinder mit Behinderungen.

Die Schule war nicht nur ein Ort zum Lernen, sondern auch ein Ort, an dem Kinder soziale Fähigkeiten entwickeln, Sprache und Problemlösungsfähigkeiten üben und lernen, wie sie sich anderen Menschen gegenüber verhalten. Jetzt zeigen die Kinder Verzögerungen beim Sprechen und in der Sprache sowie Verhaltensschwierigkeiten in Gruppen, berichtet Direct Relief.

Tatsächlich wird den Kindern beigebracht, nicht zu teilen und dieselben Dinge anzufassen, und aufgrund ihres erhöhten Bewusstseins für Keime verpetzen sie sich gegenseitig, wenn sie sich nicht die Hände waschen, so Stacey Scarborough, Leiterin des Kinderzentrums der Venice Family Clinic. Teilen ist eine lebenswichtige Fähigkeit, und das könnte ihre Entwicklung beeinflussen, zum Beispiel am Arbeitsplatz.

In einer Studie aus China untersuchten Forscher in der Provinz Hubei eine Stichprobengruppe von 2.330 Schulkindern auf Anzeichen von emotionalem Stress, nachdem sie durchschnittlich 33,7 Tage im Haus bleiben mussten – was aktuell nach einer relativ kurzen Zeit klingt. Doch schon nach diesem einen Monat berichteten 22,6 % der Kinder über depressive Symptome und 18,9 % litten unter Angstzuständen, berichtet Time.

Experten prognostizieren einen Anstieg von Fettleibigkeit und Herzkrankheiten aufgrund der Kombination aus finanziellen Schwierigkeiten, die weniger gesunde Lebensmitteloptionen bedeuten können, und mangelnder Bewegung. Kinder lernen nicht, sich fit zu halten, während sie in der Wohnung festsitzen.

Millionen von Kindern sind auf kostenlose Schulmahlzeiten angewiesen, und allein in den USA sind schätzungsweise 17 Millionen Kinder in Gefahr, nicht genug zu essen zu haben, seit die Pandemie ausbrach. Außerdem haben viele Studien herausgefunden, dass die psychische Gesundheit der Kinder leidet, wenn Familien mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben.

Barbara Duffield, eine Anwältin für obdachlose Kinder in den USA, sagte gegenüber NBC, dass die sozioökonomischen Auswirkungen der Pandemie auf Familien bedeuten: "Höhere Raten von Depressionen, Sucht, psychischen Erkrankungen und körperlichen Behinderungen, besonders für kleine Kinder, die gerade wachsen und sich entwickeln. Sie werden mit mehr Entwicklungsverzögerungen konfrontiert sein, die zu Defiziten in ihrer Bildung führen, während sie wachsen."

Die Probleme der Kinder, die bereits größere Hindernisse in Bezug auf Rasse, wirtschaftlichen Status und andere Ungerechtigkeiten erfahren, werden sich nur noch vertiefen, sagte David Hinojosa, Direktor des "Educational Opportunities Project" beim Lawyers' Committee for Civil Rights Under Law, gegenüber NBC.

Viele Experten finden Ähnlichkeiten zwischen Kindern in der Pandemie und Kindern, die Naturkatastrophen wie Erdbeben und Tsunamis überlebt haben. Ein großer Unterschied ist, dass bei Naturkatastrophen die Menschen zusammenkommen konnten, um sich gegenseitig zu heilen und zu unterstützen.

Überraschenderweise ist es am besten, nicht zu versuchen, die Kinder von der Situation abzulenken. Stattdessen sollte man direkt mit ihnen darüber sprechen – und zwar ohne Beschönigung. Eltern sollten ihre eigene Enttäuschung in Worte fassen, aber es gibt einen wichtigen nächsten Schritt...

Sie sollten sie ermutigen, ihre eigenen Enttäuschung ebenfalls zu verbalisieren. Es reicht nicht aus, zuzugeben, dass die Situation schwierig ist, so Kelman. Man muss fragen, wie schwer es speziell für sie ist.

Ein weiterer, vielleicht überraschender Tipp ist es, die Kinder zu ermutigen, sich an ihre Lieblingsabschnitte im Leben vor dem Coronavirus zu erinnern. Anstatt die Enttäuschung zu verstärken, stärkt dies oft die Hoffnung und Begeisterung der Kinder für die Zukunft und gibt ihnen etwas, auf das sie sich freuen können.

Kinder dazu zu bringen, anderen Kindern zu helfen, ist ein großartiges Projekt, das dabei hilft, soziale Kompetenzen wie Empathie zu entwickeln und Gefühle der Hilflosigkeit zu bekämpfen. Es kann auch die Belastung für andere Familien verringern. 

Informelle, 15-minütige Pausen ein paar Mal am Tag, in denen die Eltern den Kindern ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenken, können dafür sorgen, dass alle konzentriert und zufrieden sind.

Bauen Sie Stress ab, lassen Sie die Endorphine fließen und etablieren Sie eine Fitnessroutine von einem frühen Alter an.

Wenn in Ihrem Haushalt ständig der Nachrichtensender im Fernsehen läuft oder Sie ständig aktuelle Nachrichten laut vorlesen, nehmen die Kinder all diese Negativität auf und laufen Gefahr, sich demoralisiert zu fühlen. Schalten Sie den Fernseher einfach aus oder schauen Sie sich die Nachrichten allein an.

Manchmal haben Kinder eine übertriebene Vorstellung im Kopf, oder sie nehmen eine Situation falsch wahr, und das kann die Quelle vieler Ängste oder Befürchtungen sein. Es ist wichtig, sie zu korrigieren, wenn sie falsch liegen, und ihre Ängste zu bestätigen, wie die Psychologin Robin Gurwitch vom Duke University Medical Center gegenüber der Time erklärte.

Zu sehen, wie die Zeit vergeht, indem man das physische Wachstum einer Pflanze beobachtet, kann es für Kinder einfacher machen, sich weniger in der Schwebe und mehr in der Gegenwart geerdet zu fühlen, während es ihnen auch etwas gibt, auf das sie sich freuen können.

Bei so vielen Dingen geht es um Einschränkungen und Regeln. Wenn man Kindern die Möglichkeit gibt, selbst auszuwählen, welche Bücher sie in der Schule lesen, was es zum Abendessen gibt oder welches Lied sie morgens auflegen, kann das ihr Interesse und ihre Motivation fördern und ihnen wieder ein Gefühl von kreativer Freiheit geben.

Die Probleme werden nicht auf magische Weise enden, wenn die Schulen und Einrichtungen wieder öffnen, und die Kinder werden alles Verständnis brauchen, das sie kriegen können. Geben Sie ihnen die Zeit, die sie brauchen, um zu ihrer Leidenschaft und Motivation zurückzufinden.

Jeder braucht in dieser Zeit etwas zusätzliche Hilfe, und obwohl Dinge wie Yoga und Meditation oft für Erwachsene zu sein scheinen, können Kinder genauso davon profitieren! Bringen Sie Kindern Achtsamkeit und Körperbewusstsein bei und lehren Sie sie die Werkzeuge, die viele von uns erst später im Leben lernen.

Es gibt zahlreiche Quellen, die im letzten Jahr aufgetaucht sind, um Kindern zu helfen, das Geschehen zu verarbeiten, aber auch allgemein, um sie mehr in Kontakt mit ihren Emotionen und ihrer Vorstellungskraft zu bringen. Es gibt zum Beispiel kindgerechte digitale Audio-Erzählungen, die Kindern helfen, Emotionen durch Geschichten zu erkunden.

Wir alle sind in dieser Pandemie gefangen, also scheuen Sie sich nicht, um Hilfe zu bitten. Eine Idee ist, die Kinder für eine Stunde über Zoom zu tauschen, damit sie eine Pause von ihren Eltern bekommen und von jemand anderem etwas Neues lernen.

Quellen: (CNN) (NBC) (Time) (Direct Relief) 

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