Darum stehen wir auf Horrorfilme
Warum wir von Angst nicht genug bekommen können
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Filme Psychologie
Sie spüren die steigende Anspannung, Ihre Herzfrequenz steigt, Ihre Pupillen weiten sich, Sie fangen an, den Protagonisten anzuschreien, damit dieser doch bloß eine andere Richtung einschlägt und vor dem Killer davonläuft. Kommt Ihnen bekannt vor? Wenn Sie schon mal Horrorfilme gesehen haben, haben Sie vermutlich schon ähnliche Reaktionen gezeigt.
Die emotionale und physische Reaktion, die Horrorfilme beim Publikum auslösen, macht sie zu einem einzigartigen und angesehenen Filmgenre. Aber wenn uns Horrorfilme Angst machen, warum schauen wir sie uns dann weiter an? Wir würden uns im wirklichen Leben nicht bereitwillig in ähnliche Situationen begeben. Warum wollen wir sie dann auf der großen Leinwand erleben?
Das liegt an verschiedenen Dingen. Horrorfilme greifen unsere tiefsten Ängste auf und lösen eine Reihe emotionaler Reaktionen aus. Schauen wir uns die verwendeten Themen und Techniken an.
Da gibt es vor allem die Angst vor der Dunkelheit. Diese Angst, die die meisten von uns als Kind haben, wird in Horrorfilmen ausgenutzt. Die Angst vor dem Unbekannten, vor dem, was die Dunkelheit verbergen könnte, spielt mit unserer Vorstellungskraft.
Dann ist da das Biest in uns. Wenn das Monster keine unnatürliche Kreatur, sondern ein Mensch ist, entsteht die Idee, dass ein Teil der menschlichen Natur von Natur aus wild ist.
Essentiell sind natürlich auch gruselige Orte. Der neblige, düstere Wald in der Nacht, die heimgesuchte alte Hütte im Wald, das verlassene Asyl. All dies sind gruselige Orte, an denen sich das Böse manifestieren kann.
Sehr effektiv ist auch der Moment, in dem das Vertraute unheimlich wird. Wir sind es gewohnt, Monster und stereotyp aussehende Mörder als böse anzusehen, aber dann haben wir plötzlich Kinder und scheinbar harmlose Objekte wie Puppen, die den Antagonisten spielen. Diese sind überraschend und ungewöhnlich, was sie noch schrecklicher macht.
Und wer hat sich nicht schon mal vor Blitz und Donner erschreckt? Lauter Donner und Blitze können bei Menschen aus offensichtlichen Gründen Angst auslösen. Horrorfilme nutzen diese zu ihrem Vorteil.
Eine enorm wichtige Rolle in Filmen spielt auch unheimliche Musik. Gespenstische Musik betont die Spannung und verstärkt den dramatischen Effekt einiger Szenen. Die Verwendung von dissonanter Musik erzeugt Spannungen, da wir natürlich eine Auflösung erwarten, wenn bestimmte Akkorde gespielt werden.
Oft sehen wir auch Szenen mit blutiger Zerstückelung. Einen Teil unseres Körpers zu verlieren, ist ein schrecklicher Gedanke. Horrorfilme spielen mit dieser Angst.
Und es kommen oft eklige Kriechtiere. Schlangen, Spinnen und andere gruselige Krabbler können beim Publikum phobische Reaktionen auslösen und sorgen für zusätzliche Angst und Ekel.
Insgesamt ist Todesangst ein wiederkehrendes Thema. Unsere ultimative Angst als Mensch, ist die Angst, unser Leben zu verlieren. Sich unserer Sterblichkeit bewusst zu sein und zu sehen, wie man uns das Leben nehmen kann, ist eine sehr mächtige Sache in unserer Psyche.
Aber warum können wir nicht genug von Horrorfilmen bekommen? Alle oben aufgeführten Elemente machen uns Angst. Warum wollen wir also mehr sehen?
Vor allem, weil all diese Szenen heftige körperliche Reaktionen auslösen. Unsere Herzfrequenz, unser Blutdruck und unsere Atmung steigen während und manchmal nach einem Horrorfilm. Eine Studie, die an Zuschauern von "The Shining" durchgeführt wurde, ergab, dass ihre Herzfrequenz in der klassischen "Here's Johnny"-Szene durchschnittlich um 28,21% anstieg. Eine Reihe von Neurotransmittern und Hormonen werden bei Vorhandensein von Angst freigesetzt. Dieses natürliche Hoch ist es, was viele von uns dazu bringt, immer wieder Horrorfilme zu schauen.
Außerdem ist es ein risikofreier Nervenkitzel. Sie wollen den Nervenkitzel eines adrenalingeladenen Erlebnisses erleben, aber ohne ein persönliches Risiko einzugehen? Dann schauen Sie sich einen Horrorfilm an.
Und dann ist da natürlich die allgemeine Spannung. Die Erwartung, dass etwas Schlimmes passieren wird, fesselt uns an die Kinosessel. Aber dann werden unsere Erwartungen selten erfüllt. Die Abfolge der Ereignisse ist nicht wie erwartet, jemand anderes wird verletzt, der Mörder ist nicht der, den das Publikum glaubt, usw. Genau das lieben wir.
Auch lieben wir, wenn die Darsteller dem Tod ein Schnippchen schlagen. Trotz der Wendungen in der Handlung schafft es der Protagonist oft am Ende. Das Publikum hat dann das Gefühl, dem Tod entkommen zu sein.
Die Filme spielen also alle mit den kollektiven Ängsten der Gesellschaft. "Godzilla" zum Beispiel handelte von einem Monster, das durch nukleare Strahlung erzeugt wurde. Der Film wurde 1954 veröffentlicht und Japan war immer noch besorgt über die Auswirkungen der Atomangriffe während des Zweiten Weltkriegs. "Freitag der 13." ist ein Beispiel für die Angst der USA vor Gewalt und Serienmorden in den 80er Jahren.
Aber nicht nur Erwachsene lieben Horror, es ist vor allem auch bei Teenagern ein beliebtes Genre. Eine Studie, die an Universitätsstudenten durchgeführt wurde, untersuchte die Motivation von Jugendlichen, grafischen Horror zu sehen. Es wurden vier Typen identifiziert: Gore Watching (also möglichst viel Gemetzel), Thrill Watching, Independent Watching und Problem Watching. Die ersten beiden Motivationen sind besonders bei Jungen und Mädchen im Teenageralter erkennbar.
Laut Professor Mary Beth Oliver von der Penn State University sprechen gewalttätige Filme mehr männliche Teenager an. Psychothriller hingegen werden von Mädchen im Teenageralter bevorzugt.
Aber natürlich sind nicht alle von uns Fans solcher Filme. Manche Menschen mögen Horrorfilme einfach nicht, was ebenfalls verschiedene Ursachen haben kann. Nicht jeder geht beispielsweise gut mit der Angst um, die durch diese Filme verursacht wird. Besonders wenn das Thema zu vertraut ist. Einige von uns setzen beim Anschauen eines Horrorfilms einfach nicht so viel Serotonin frei. Im Grunde ist der Nervenkitzel es nicht wert, da die negativen Emotionen die positive hormonelle Reaktion überwiegen.
Auch auf Kinder haben Horrorfilme haben einen stärkeren emotionalen Einfluss. Es ist wahrscheinlicher, dass sie die negativen Auswirkungen wie Schlafstörungen, Angstzustände und Albträume bis Tage nach dem Anschauen eines Films haben. Es gibt also aus gutem Grund Altersbeschränkungen, an die sich besser auch gehalten wird.