Überleben in der Kälte: Die erstaunliche Reise von Ernest Shackleton
Der berühmte Entdecker ist ein Sinnbild von Ausdauer und Überlebenswillen
© <p>Getty Images</p>
LIFESTYLE Ernest shackleton
Es gibt viele Geschichten davon, wie der menschliche Geist in gefährlichen und extremen Situationen über feindliche Begebenheiten triumphiert, indem in manchmal unglaublich erscheinenden Kraftakten Ausdauer und Überlebenswille über scheinbar unmögliche Umstände siegen. Ein solches Beispiel ist die bemerkenswerte Geschichte der 17-tägigen Reise durch heimtückische und eiskalte Gewässer, die der Polarforscher Ernest Shackleton und seine fünf Crewmitglieder unternehmen mussten. Es gilt als eine der größten Bootsreisen, die jemals gemacht wurden.
Shackletons Mannschaft verlor ihr berühmtes Schiff, die Endurance, nachdem es sich während der kaiserlichen Trans-Antarktis-Expedition von 1914–1917 im Eis verkeilt hatte. Sie waren gezwungen, das Schiff im November 1915 aufzugeben, als es durch das sich bewegende Eis zerquetscht wurde. Es sank auf den Grund des eisigen Weddellmeeres und wurde nie wieder gesehen. Das heißt, bis die "Endurance22"-Expedition das Schiff im März 2022 endlich fand, 107 Jahre nachdem sank. Die Endurance wurde rund 6,5 Kilometer von der Position entfernt gefunden, die ihr Kapitän 1915 in einer Tiefe von 3.008 m als letzte Position aufgezeichnet hatte.
Sie wollen mehr darüber erfahren, wie der berühmte Polarforscher und seine Crew einem eisigen Tod entkamen? Klicken Sie sich durch die folgende Galerie und erfahren Sie, zu welchen Leistungen Menschen im Angesicht von Not und Unglück in der Lage sind.
Sir Ernest Shackleton (1874–1922)
Der Antarktis-Forscher wurde in Irland geboren. Sir Ernest Shackleton ist eine der Hauptfiguren aus der Zeit, die als "Heldenzeitalter der Antarktisforschung" gilt. Mit ihm wird wohl auf ewig eine der unfassbarsten Ausdauerleistungen des 20. Jahrhunderts in Verbindung gebracht werden. Und es ging um das schiere Überleben.
Robert Falcon Scott (1868–1912)
Shackletons erste Erfahrungen in den Polarregionen sammelte er unter Kapitän Robert Falcon Scott auf der Discovery-Expedition der Jahre 1901–04. Im Bild: Scott, selbst ein namenhafter Polarforscher.
Die Discovery-Expedition 1901–04
Das Forschungsboot Discovery in der Antarktis, neben der Rossbarriere, der Abbruchkante der Ross-Schelfeis-Platte.
Nach Süden
Während der Expedition stießen Scott, Shackleton und Edward A. Wilson bis auf einen Breitengrad von 82°S vor. Das war zu jener Zeit für Antarktisforscher ein neuer südlicher Breitenrekord.
Beginn einer Karriere
Die Discovery-Expedition stellte den Beginn der Antarktis-Karriere von Shackleton dar. Hier sieht man ihn mit Frostbeulen, aber lächelnd zusammen mit Scott und Wilson am 3. Februar 1903, nach ihrer Rückkehr vom Versuch, den Südpol zu erreichen.
Die Nimrod-Expedition 1907–1909
Shackleton war nur wenig später erneut in der Region unterwegs. Dieses Mal als Leiter der Nimrod-Expedition.
Versuch den Südpol zu erreichen
Jameson Adams, Frank Wild und Eric Marshall platzieren am 9. Januar 1909 eine Union-Jack-Flagge an ihrer südlichsten Position, bei 88° 23'. Sie befanden sich nur 180 km vom Südpol entfernt. Das Foto wurde von Shackleton selbst geschossen.
Hoch hinaus
Während der Expedition bestiegen die Mitglieder von Shackletons Team auch den Erebus, den aktivsten Vulkan in der Antarktis.
Ritterschlag
Wild, Shackleton, Marshall und Adams an Bord der Nimrod, nach ihrer Südreise. Für seine Errungenschaften wurde Shackleton bei seiner Rückkehr von König Eduard VII. zum Ritter geschlagen.
Roald Amundsen (1872–1928)
Das Rennen zum Südpol endete im Dezember 1911. Roald Amundsen erreichte als erster mit seinem Team den Pol. Hier sieht man die norwegische Flagge.
Die Imperiale Trans-Antarktis-Expedition 1914–1917
Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung übernahm Shackleton die Leidung einer weiteren Expedition auf dem antarktischen Kontinent. Hierfür wurden zwei Schiffe benötigt: die Endurance, deren Skipper Shackleton war, und die Aurora, geführt von Kapitän Aeneas Mackintosh.
Endurance
Die dreimastige Barkentine Endurance, hier auf dem Trockendeck. Shackleton schlug einen transkontinentalen Marsch durch das Weddellmeer zur Vahsel-Bucht und weiter über den Südpol zum Rossmeer vor.
Abfahrt in die Antarktis
Die Offiziere der Endurance winken zum Abschied, als das Schiff das Millwall-Dock in London in Richtung Antarktis verlässt.
Im Eis gefangen
Dies lag daran, dass die Endurance schon bevor sie überhaupt die Vahsel-Bucht erreichte, doch nur 109 km vor ihrem Ziel, im Packeis gefangen wurde.
Kein Ausweg
Die Crew versuchte vergeblich, das Schiff aus dem Eis zu befreien. Doch die Endurance war im Winter 1915 einfach zu fest vom Packeis eingeschlossen.
Das Schiff aufgeben
Das Schiff driftete nordwärts, gefangen in einer riesigen Eisscholle, bis die Endurance begann, zu brechen. Am 27. Oktober 1915 gab Shackleton die Anweisung, das Schiff zu verlassen. Das Wrack sank schließlich auf den Grund des Weddellmeers.
Campen auf dem Eis
In eisigen Temperaturen von –26°C begann die Besatzung, ihre Zelte auf dem Eis aufzuschlagen. Es würde noch viel kälter werden, die Gedanken drehten sich um das reine Überleben. Die Expedition war gescheitert, aber dem Team stand noch eine epische Ausdauerleistung bevor.
Einen Ausweg finden
Shackletons ursprüngliche Idee war es, seine gestrandete 26-köpfige Crew nach Westen zur Paulet-Insel zu führen, 557 km entfernt. Die Unternehmung begann den Marsch am 30. Oktober 1915, dabei zogen sie drei der Rettungsboote des Schiffes an Schlitten hinter sich her.
Die Rettungsboote
Nach dem die Bedingungen sich immer weiter verschlechterten und es ein einziger Kampf wurde, sich weiter fortzubewegen, wurde der Marsch aufgegeben. Die Besatzung richtete auf einer Eisscholle das sogenannte "Patience Camp" ein, auf dem sie abwarten wollten, bis das Eis brach. Mit den Rettungsbooten schafften sie es am 15. April 1916 schließlich zur Elephant Island.
Elephant Island
Die Endurance-Crewmitglieder fanden auf Elephant Island eine desolate Schutzhütte. Doch Shackleton realisierte, dass es hier keine Chance auf Rettung geben würde, darum beschloss er, nach Südgeorgien zu segeln, wo es mehrere Walstationen gab.
Die Abfahrt der James Caird
Eines der Rettungsboote, das James Caird, wurde für die gefährliche 1.300 Kilometer lange Reise vorbereitet. Shackleton wählte die Mitfahrenden aus: Er selbst, Frank Worsley als Navigator, Tom Crean, Harry McNish, John Vincent und Timothy McCarthy.
Gefährliche Reise
Hier sieht man die unerschrockene Crew bei ihrer Abfahrt von Elephant Island am 24. April 1916. Die übrigenen Besatzungsmitglieder winken.
Ungemütliche Bedingungen
Bei schwerem Seegang und stürmischen Winden stürzte und rollte das winzige Boot durch das Wasser, ständig mit dem Treibeis kämpfend. Abgebildet ist eine Darstellung der James Caird aus Shackletons Expeditionsbericht "South".
Landung in Südgeorgien
Am 10. Mai 1916 erreichten sie Südgeorgien und landeten in Cave Cove in der Nähe des Eingangs zur King Haakon Bay. Sie standen kurz davor, eine der größten Schiffsreisen zu vollenden, die je unternommen worden war.
Rettung
Am 18. Mai durchquerten Shackleton, Worsley und Crean zu Fuß das Innere der Insel Südgeorgien (im Bild), um eine Walfangstation in Stromness zu erreichen. Es dauerte weitere drei Monate, bis Shackleton seine Männer auf Elephant Island erreichen und retten konnte.
Tod und Grabstätte
1921 kehrte Shackleton in die Antarktis zurück und leitete eine weitere Expedition. Am 5. Januar 1922 starb er auf der Insel Südgeorgien plötzlich an einem Herzinfarkt. Er wurde in Grytviken beigesetzt.
James Caird Society
1994 wurde die James Caird Society gegründet, um die bemerkenswerten Entdeckungsleistungen in der Antarktis zu würdigen und die herausragenden Führungsqualitäten zu würdigen, die mit dem Namen Sir Ernest Shackleton verbunden sind. Im Bild: das Rettungsboot James Caird, das im Dulwich College im Süden Londons aufbewahrt wird.
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SY Aurora
Die SY Aurora, eine Barkassen-Dampfjacht, legte im Hafen von Sydney an, bevor sie in die Antarktis auslief. Das Schiff war an der Rettung der Ross Sea Party beteiligt, die während des Marsches mit Shackletons Expedition zusammentreffen sollte. Doch die Ereignisse verliefen nicht wie geplant.