Kobaltabbau im Kongo: Wie moderne Sklaverei unsere Technik am Leben hält
Das ethische Dilemma der Abhängigkeit von Kobalt

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Kobalt spielt eine wichtige Rolle für die moderne Technologie, denn es verhindert das Überhitzen von Batterien und versorgt E-Autos mit Energie. Doch hinter unserer Abhängigkeit davon steckt eine schlimme Realität. Der Großteil des Kobalts weltweit stammt aus der Demokratischen Republik Kongo, wo die ArbeiterInnen brutalen, ausbeuterischen Bedingungen ausgesetzt sind. Große Bergbauunternehmen haben ganze Gemeinden umgesiedelt, teilweise unter Anwendung von Gewalt und Missbrauch, während die Umwelt unter den unumkehrbaren Schäden leidet.
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Experte für moderne Sklaverei
Seit zwei Jahrzehnten forscht der Harvard-Absolvent Siddharth Kara zu moderner Sklaverei, Menschenhandel und Kinderarbeit. Seine Forschungen, die er an der T.H. Chan School of Public Health and Kennedy School durchführte, bringen Licht ins Dunkel der Ausbeutung in vielen globalen Branchen.

Die schmutzige Realität
Obwohl die DR Kongo größere Kobaltreserven hält als der Rest der Welt zusammen, gibt es keine wirklich "saubere" Lieferkette. Kara behauptet, dass der Kobaltabbau in der Region eng mit Ausbeutung und unethischen Praktiken verwoben ist.

Der menschliche Preis des handwerklichen Kobaltabbaus
In seinem Buch "Blutrotes Kobalt" zeigt Kara auf, dass der Großteil des Kobalts in der DR Kongo von händisch arbeitenden ArbeiterInnen abgebaut wird: Selbstständige, die sich für nur wenige Euro am Tag schrecklichen und gefährlichen Bedingungen unterwerfen.

Der menschliche Preis des handwerklichen Kobaltabbaus
"Die Menschen arbeiten unter unmenschlichen, quälenden und herabwürdigenden Bedingungen. Sie verwenden Spitzhacken, Schaufeln und Stücke von Betonstahl, um in Gräben, Löchern und Tunneln in die Erde zu hacken und Kobalt zu sammeln und damit die formelle Lieferkette zu versorgen", sagt Kara.

Umweltzerstörung
Die Bergbauindustrie hat tiefe Wunden in der Landschaft des Kongo hinterlassen. Millionen von Bäumen wurden gefällt, Staub und Sand verschmutzen rund um die Minen die Luft und die Gewässer sind mit giftigen Abwässern aus der Mineralverarbeitung verunreinigt. Die Umweltschäden sind unübersehbar.

Eine Gesundheitskrise
Die Giftigkeit des Kobalts stellt ein großes Gesundheitsrisiko für die kongolesischen ArbeiterInnen dar, die jeden Tag dem gefährlichen Staub ausgesetzt sind. Darunter sind auch junge Mütter mit Kindern auf dem Rücken, die ebenso zwangsweise mit dem Gift in Kontakt kommen.

Die komplexe Lieferkette von Kobalt
Kobalt ist in fast allen Lithium-Ionen-Akkus weltweit enthalten. Außenstehende unterscheiden zwar zwischen industriell und handwerklich abgebautem Kobalt im Kongo, doch Kara ist der Meinung, dass diese beiden eng miteinander verwoben sind.

Industriell vs. handwerklich
Das Kobalt aus industriellen Aushubmaschinen und das, das von Hand häufig von Frauen und Kindern abgebaut wird, sind eng miteinander verbunden. In der Nähe von fast allen industriellen Minen im Kongo arbeiten auch handwerkliche BergarbeiterInnen, deren Kobalt in die formelle Lieferkette gelangt.

Die Schattenwirtschaft des handwerklichen Bergbaus
Obwohl dies theoretisch verboten ist, findet handwerklicher Bergbau in den industriellen Kobaltminen im Kongo statt. Die Unternehmen tolerieren dies als kostengünstige Methode, die Produktion zu erhöhen und lassen die ArbeiterInnen in und um die großen Abbaugebiete herum arbeiten, was die globale Lieferkette versorgt.

Die Schattenwirtschaft des handwerklichen Bergbaus
In Regionen extremer Armut versuchen Millionen von Menschen von nur einem bis zwei Euro am Tag zu überleben und nehmen jede Arbeit an. In den Kobaltminen arbeiten Tausende in winzigen Löchern unter schrecklichen Bedingungen für einen mageren Lohn. Sie versorgen die Industrie zu einem geringen Preis mit großen Mengen an Kobalt.

Der menschliche Preis des Kobaltabbaus
Den Ausbau des Kobaltabbaus im Kongo haben Massenumsiedlungen begleitet, denn ganze Dörfer wurden platt gemacht, um Platz für die Betriebe zu schaffen. Zahllose Menschen haben ihr Zuhause und ihre Lebensgrundlage verloren, was die Krise weiter verschärft.

Moderne Sklaverei
Die Menschen sind zwar frei, doch die Kobaltminen im Kongo stellen eine brutale Form der modernen Sklaverei dar. Die extreme Ausbeutung, gefährliche Bedingungen und der Mangel an Grundrechten, den die ArbeiterInnen erleben, spiegelt eine scheinbar längst vergangene Sklaverei wider.

Tragödien in den Minen
Der Kobaltabbau im Kongo ist mit großen Risiken verbunden. Grubenwände können einbrechen und ArbeiterInnen unter einer Lawine aus Stein und Geröll begraben. Die Männer, Frauen und Kinder tragen gebrochene Gliedmaßen und Wirbelsäulenverletzungen davon.

Kinderarbeit
Milizen, die manchmal Kommandos genannt werden, entführen und handeln im gesamten Kongo mit Kindern und zwingen sie zu harter Arbeit. Viele werden Hunderte von Kilometern durch die Netzwerke der Milizen transportiert, um in Kupfer- und Kobaltminen zu schuften. Sie befinden sich in einem Kreislauf aus Ausbeutung und Elend gefangen.

Das Erbe von Not und Korruption
Der Kongo, ein Land, das jahrhundertelang ausgebeutet wurde, hat mit Armut und Korruption zu kämpfen. Ausländische Investments verschlimmern die Probleme häufig noch, was das komplexe Zusammenspiel von Geschichte, Macht und Regierungsführung in der kriegsgebeutelten Region aufzeigt.

Patrice Lumumba: Eine zum Schweigen gebrachte Vision
1960 versprach der erste demokratisch gewählte Präsident des Kongos, Patrice Lumumba, die großen Mineralvorkommen des Landes zu Nutzen der BürgerInnen einzusetzen. Innerhalb von sechs Monaten wurde er abgesetzt, brutal ermordet und durch einen korrupten Diktator ersetzt, der stattdessen dafür sorgte, dass die Ressourcen ausländischen Interessen dienten.

Patrice Lumumba: Eine zum Schweigen gebrachte Vision
Lumumbas Absturz zeigte die traurige Wahrheit weltweiter Machtdynamiken auf: Wer sich wichtigen Akteuren widersetzt, muss mit schnellen und brutalen Konsequenzen rechnen. Sein Schicksal hebt die historisch verankerte Korruption heraus und zeigt, dass Führungspersönlichkeiten, die ausländische Interessen infragestellen, in der Regel mit skrupelloser Unterdrückung rechnen müssen.

Chinas Griff nach dem Kobalt
2009 schloss der damalige Präsident Joseph Kabila ein Abkommen, dass China Abbaurechte im Austausch für die Entwicklung der Infrastruktur sicherte. Dieses Abkommen ebnete China den Weg zur Dominanz auf dem globalen Kobaltmarkt, indem es dem Land den Zugang zu der wichtigen Ressource sicherte, während es gleichzeitig die wirtschaftliche Zukunft des Kongos prägte.

Chinas Vormachtstellung im Bergbau
Chinesische Unternehmen übernahmen schnell mehr als 15 der 19 größeren Kupfer-Kobalt-Konzessionen des Kongos und festigten so ihre Dominanz im Rohstoffabbau. Ihre Hand auf den wichtigen Ressourcen untermauert Chinas strategischen Einfluss auf den weltweiten Mineralmärkten.

Chinas globaler Einfluss
Chinas Kontrolle über das Kobalt geht über den Abbau hinaus, denn das Land hält rund 70 bis 80 % der Märkte für verfeinerte Produkte und fast die Hälfte der weltweiten Batterieproduktion. Vom Abbau in Rohform bis hin zu hochtechnologisierten Anwendungen prägt die chinesische Dominanz die Zukunft der Energie und Innovation.

Die unsichtbaren Transaktionen
Congo Dongfang International, eine Tochtergesellschaft von Zhejiang Huayou Cobalt, dominiert den Kobalthandel in der Region und beliefert die meisten globalen Batteriehersteller. Da Kobalt komplexe Lieferketten durchläuft, wird seine Herkunft oft verschleiert, sodass die Einkäufer der Unternehmen nicht mehr wissen, woher es wirklich stammt.

Die düsteren Wege des Kobalts
Die Weitergabe an Subunternehmen verkompliziert die weltweiten Lieferketten, sodass es schwierig ist, nachzuverfolgen, ob artisanaler Abbau, der häufig mit Kinderarbeit in Verbindung steht, zu Produktion eingesetzt wurde. Trotz der Null-Toleranz-Politik vieler Unternehmen bleibt Kobalt eine Ausnahme.

Das unregulierte Mineral, das Technik weltweit mit Energie versorgt
Anders als Gold, Tantal, Zinn und Wolfram unterliegt Kobalt beispielsweise nicht den Regularien der EU zur Sorgfaltspflicht für Unionseinführer aus Konflikt- und Hochrisikogebieten. Daher ist der Markt größtenteils unreguliert. Ohne eine direkte Überwachung unterliegen die Abbaupraktiken im Kongo weiterhin keiner Rechenschaftspflicht.

Weltweite Forderung nach ethischen Lieferketten
Auf Betreiben von Nichtregierungsorganisationen erkennen Regierungen weltweit die dringende Notwendigkeit einer größeren Transparenz in den Lieferketten an. Die Bemühungen zur Bekämpfung der modernen Sklaverei, einschließlich Kinderarbeit, gewinnen an Schwung und zielen darauf ab, ethische Beschaffung und Unternehmensverantwortung durchzusetzen.

Der UK Modern Slavery Act
Nach dem britischen Modern Slavery Act aus dem Jahr 2015 müssen im Vereinigten Königreich tätige Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von mehr als 36 Millionen Pfund (42 Millionen Euro) jährlich eine Erklärung zu Sklaverei und Menschenhandel abgeben. Diese Verordnung erzwingt Transparenz und stellt sicher, dass Unternehmen die Risiken in ihren Lieferketten bewerten und offenlegen.

Rückverfolgung der Herkunft des Kobalts
Die Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Zulieferer keine Sklaverei einsetzen und die Herkunft des Kobalts, das sie in ihren Produkten verwenden, zurückverfolgen. Um eine ethisch einwandfreie Herkunft sicherzustellen, muss an allen Punkten entlang der Lieferkette vom Abbau bis zum Endprodukt Transparenz herrschen.

Über Gesetze hinaus
Um der Kinderarbeit und den gefährlichen Arbeitsbedingungen in den Kobaltminen des Kongos ein Ende zu bereiten, ist mehr nötig als nur gesetzliche Vorgaben. Die Unternehmen und Investoren müssen eintreten und eine ethische Herkunft ihrer Produkte sicherstellen, um für einen bedeutenden Wandel in den weltweiten Lieferketten zu sorgen.

Verantwortung und Reformen
Internationale Bergbauunternehmen haben durch ihre großen finanziellen Mittel die Macht, für bedeutende Veränderungen zu sorgen, die Menschenrechte zu schützen, die Bedingungen vor Ort zu verbessern und vergangene Verstöße anzuprangern. Aber die Frage bleibt: Werden sie agieren oder weiterhin ohne Verantwortlichkeit profitieren?
Quellen: (NPR) (Amnesty International) (Human Trafficking Search)
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