Der Holocaust: Wie es zu einem der größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte kam
Der Weg zur Katastrophe: Die Vorgeschichte zum Holocaust
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Als Beginn des Holocausts wird der Einmarsch NS-Deutschlands in Polen im September 1939 angesehen. Doch bereits von 1933 bis zum Ausbruch der Feindseligkeiten bekamen die Juden die Auswirkungen von mehr als 400 Verordnungen und Vorschriften tagtäglich zu spüren, die alle Aspekte ihres öffentlichen und privaten Lebens einschränkten. Schon im Jahr 1919 wurde die "Judenfrage" von einem wütenden und desillusionierten Veteranen des Ersten Weltkriegs namens Adolf Hitler kommentiert. Zwölf Monate später, im Jahr 1920, wurde die NSDAP gegründet. So entstand das politische und militärische Regime, das für die systematische, staatlich geförderte Verfolgung und Ermordung von sechs Millionen Juden und anderen Minderheitengruppen verantwortlich war. Doch welche Abfolge von Ereignissen führte dazu, dass das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte überhaupt begangen wurde?
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Der Vertrag von Versailles
Der am 28. Juni 1919 unterzeichnete Vertrag von Versailles beendete den Kriegszustand zwischen Deutschland und den meisten alliierten Mächten des Ersten Weltkriegs. Der Vertrag verpflichtete Deutschland zur Abrüstung, zu weitreichenden territorialen Zugeständnissen und zur Zahlung von 132 Milliarden Goldmark (entspricht heute ca. 300 Milliarden Euro) an Kriegsreparationen.
Hitler äußert sich zur "Judenfrage"
Am 16. September 1919 gab Adolf Hitler seine erste Stellungnahme zur sogenannten "Judenfrage" ab. Darin bezeichnete er die Juden als eine Rasse und nicht als Religionsgemeinschaft und definierte sie als "Rassentuberkulose der Völker". Abschließend betonte er, dass das "Endziel auf jeden Fall die völlige Beseitigung der Juden sein muss". Das Bild zeigt ihn ganz links sitzend während des Ersten Weltkriegs.
Der Hitlerputsch (auch Bierkeller-Putsch)
Der Versuch Hitlers und der NSDAP, die Weimarer Republik mit dem so genannten Hitlerputsch zu stürzen, war ein Schlüsselereignis. Der erfolglose Staatsstreich fand am 8. und 9. November 1923 statt.
"Mein Kampf" wird veröffentlicht
Band 1 von "Mein Kampf" wurde 1925 und Band 2 im Jahr 1926 veröffentlicht, als Hitler wegen seiner Beteiligung an dem gescheiterten Bierkeller-Putsch inhaftiert wurde. Das Buch, das zu einem Bestseller wurde, beschreibt den Prozess, durch den Hitler zum Antisemiten wurde, und skizziert seine politische Ideologie und seine Zukunftspläne für Deutschland.
Führer der NSDAP
Am 27. Februar 1925 wurde Hitler offiziell Führer der wiedergegründeten NSDAP.
Adolf Hitler wird zum Bundeskanzler ernannt
Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler Kanzler von Deutschland. Mit seiner Ernennung übergab er die Kontrolle über das Land an die nationalsozialistische Partei. Das Bild zeigt ihn beim Händeschütteln mit Paul von Hindenburg, dem Präsidenten des Deutschen Reichs.
Die Gründung des KZ Dachau
Das am 22. März 1933 von der SS eröffnete Dachau war das erste von NS-Deutschland errichtete Konzentrationslager. Es blieb während des gesamten Dritten Reichs in Betrieb, wobei die Gesamtzahl der Opfer, die dort starben, unbekannt ist.
Der Judenboykott
Drei Monate nach der Machtübernahme führte die NS-Führung einen landesweiten Wirtschaftsboykott durch, der sich gegen jüdische Unternehmen und die Büros jüdischer Geschäftsleute richtete.
Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums
Das von der deutschen Regierung am 7. April 1933 verabschiedete Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums schloss Juden und andere politische Gegner der Nazis von allen Positionen im öffentlichen Dienst aus. Der Erlass ging noch weiter und schloss alle nicht "arischen" Juristen aus.
Das Gesetz gegen die Überbelegung von Schulen und Universitäten
Am 25. April 1933 wurde das Gesetz gegen die Überbelegung von Schulen und Universitäten verabschiedet, das die Zahl der jüdischen Schüler in den öffentlichen Schulen beschränkte.
Die Buchverbrennungen
Ab dem 6. Mai 1933 führten nationalsozialistisch dominierte Studentengruppen in Berlin die ersten öffentlichen Verbrennungen von Büchern durch, die sie als "undeutsch" bezeichneten. Am 10. Mai fanden in 34 Universitätsstädten und -dörfern Bücherverbrennungen statt. Unter den Titeln, die verbrannt wurden, befanden sich Werke prominenter jüdischer, liberaler und linker Schriftsteller – sie alle landeten auf dem Scheiterhaufen.
Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses
Das im Juli 1933 erlassene Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses sollte die mögliche Übertragung von Erbkrankheiten durch Zwangssterilisation verhindern. Unter diese barbarische Regelung, die die Nazis als "angewandte Rassenkunde" bezeichneten, fielen auch Juden und Roma sowie Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen. Im Jahr 1935 wurde das Gesetz geändert und erweitert, um Zwangsabtreibungen bei Frauen zuzulassen, die ansonsten sterilisiert werden mussten.
Zentralverband der deutschen Juden
Im September 1933 wurde die Zentralorganisation der deutschen Juden gegründet. Sie wurde gegründet, um die Interessen der deutschen Juden – die nun erheblich bedroht waren – durch eine einheitliche Reaktion auf die zunehmende Verfolgung durch die Nazis besser zu vertreten.
Das Redaktionsgesetz
Am 4. Oktober 1933 wurde das Redaktionsgesetz verabschiedet. Es verbot allen Nicht-Ariern die journalistische Tätigkeit. In einem größeren Zusammenhang schalteten die Nazis die Pressefreiheit in Deutschland aus. Das Bild zeigt einen Berliner Bürger, der die berüchtigte antisemitische Zeitung Der Stürmer liest, das von Julius Streicher herausgegebene wöchentliche Boulevardblatt.
Das Gesetz gegen "gefährliche Gewohnheitsverbrecher"
Zu den weiteren 1933 verabschiedeten Nazi-Gesetzen gehörte das Gesetz gegen "gefährliche Gewohnheitsverbrecher". Dieses Gesetz ermöglichte es den Gerichten, hartnäckige Gesetzesbrecher auf unbestimmte Zeit in Haft zu nehmen, wenn sie als gefährlich für die Gesellschaft angesehen wurden. Es sah auch die Kastration von Sexualstraftätern vor.
Hitler erlangt die absolute Macht
Nachdem er am 19. August 1934 das Amt des Reichspräsidenten abgeschafft hatte, erklärte sich Hitler zum Führer des Deutschen Reiches und Volkes. Als Diktator gab es für seine Macht keine rechtlichen oder verfassungsmäßigen Grenzen. Das Bild zeigt eine jubelnde Menge, die Hitler nach der Volksabstimmung vor der Reichskanzlei in Berlin salutiert.
Überarbeitung von Paragraph 175
Der Paragraph 175 war ein deutsches Gesetz aus der Zeit vor dem Nationalsozialismus, das sexuelle Beziehungen zwischen Männern, nicht aber zwischen Frauen unter Strafe stellte. Im Jahr 1935 überarbeiteten die Nazis den Erlass, um ihn breiter und härter zu fassen: Er wurde zur Verfolgung schwuler Männer an sich und von Männern, die sexueller Beziehungen mit anderen Männern beschuldigt wurden, ausgeweitet.
Nürnberger Rassengesetze
Die Nürnberger Rassengesetze, die am 15. September 1935 im nationalsozialistischen Deutschland in Kraft traten, institutionalisierten viele der rassistischen Theorien, die der nationalsozialistischen Ideologie zugrunde lagen, und bildeten den rechtlichen Rahmen für die systematische Verfolgung der Juden in Deutschland. Das Bild zeigt die Titelseite der nationalsozialistischen Zeitung Völkischer Beobachter mit der Veröffentlichung der antisemitischen und rassistischen Gesetze.
Schaffung des Lebensborn-Programms
Gegen Ende des Jahres 1935 gründeten die Nationalsozialisten das Lebensborn-Programm, einen von der SS initiierten eingetragenen Verein, dessen erklärtes Ziel es war, die Zahl der geborenen Kinder zu erhöhen, die den nationalsozialistischen Maßstäben von "rassisch reinen" und "gesunden" Ariern entsprachen, die auf der nationalsozialistischen Eugenik beruhten. Das Programm wurde später um das Zentrum für Rassenhygiene und Bevölkerungsbiologie erweitert, als das Regime versuchte, die deutsche Gesellschaft auf Grundlage der Eugenik umzugestalten.
Das Dekret zur "Bekämpfung der Zigeunerplage"
Der Befehl, der die Behörden in NS-Deutschland anwies, die bestehenden Anti-Roma-Gesetze durchzusetzen und nicht-deutsche Roma und Sinti zu deportieren, wurde am 6. Juni 1936 unterzeichnet. Das Bild zeigt Dr. Robert Ritter, Leiter der Rassenhygienischen Forschungsstelle des Reichsgesundheitsamtes. Seine Forschungen lieferten die pseudowissenschaftliche Grundlage für die Ausrottung und Zwangssterilisation Tausender Sinti und Roma. Bis 1938 wurden Hunderttausende in Todeslager deportiert.
Eröffnung des Konzentrationslagers Buchenwald
Am 15. Juli 1937 wurde das Konzentrationslager Buchenwald eröffnet. Die Häftlinge kamen aus ganz Europa – Juden, Polen und andere Slawen, Roma, Geisteskranke und körperlich Behinderte sowie politische Gefangene. Frauen waren bis Ende 1943 oder Anfang 1944 nicht Teil des Lagersystems in Buchenwald.
Antisemitische Ausstellung in München eröffnet
Im November 1937 fand in München die berüchtigte antisemitische Ausstellung "Der Ewige Jude" im Deutschen Museum der Stadt statt. Die Wanderausstellung, die von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels und Julius Streicher eröffnet wurde, war auch in Berlin und anderen deutschen Städten sowie in Wien zu sehen. Allein die Münchner Ausstellung zog 412.300 Besucher an, über 5.000 pro Tag.
Pässe deutscher Juden für ungültig erklärt
Als weitere Maßnahme gegen die jüdische Bevölkerung NS-Deutschlands erklärte das Reichsinnenministerium am 5. Oktober 1938 alle deutschen Reisepässe von Juden für ungültig. Das Dokument konnte nur neu ausgestellt werden, wenn es mit dem roten Buchstaben "J" versehen war.
Novemberpogrome (Kristallnacht)
Die Kristallnacht oder die Nacht der zerbrochenen Scheiben ist einer der wichtigsten Momente in der Geschichte des Holocausts. Am 9. November 1938 führten Funktionäre der NSDAP, Mitglieder der SA, der Hitlerjugend und sogar einige deutsche Zivilisten eine Welle von gewalttätigen antijüdischen Pogromen in ganz Großdeutschland durch. Im ganzen Land wurden die Fenster von Geschäften, Gebäuden und Synagogen in jüdischem Besitz eingeschlagen. Die gegen sie gerichtete Gewalt ließ die Juden keinen Zweifel daran, dass es für sie in NS-Deutschland keine Zukunft gab.
Ausschluss der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben
Nachdem jüdische Geschäfte bereits seit 1933 weitgehend boykottiert worden waren, wurden sie nach der Kristallnacht am 12. November 1938 durch einen Erlass, der Juden aus dem Wirtschaftsleben ausschloss, praktisch komplett geschlossen. Juden wurde der Betrieb von Einzelhandelsgeschäften, Handelsvertretungen und die Ausübung eines Gewerbes in einem Betrieb jeglicher Art untersagt.
Die Reichstagsrede
Hitlers Rede vor dem Reichstag am 30. Januar 1939 ließ das deutsche Volk und die Welt keinen Zweifel daran, dass der Ausbruch des Krieges das Ende des europäischen Judentums bedeuten würde – in den Worten des Führers: die "Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa".
Die Wannsee-Konferenz
Am 20. Januar 1942 wurde die Wannseekonferenz von Reinhard Heydrich, dem Chef des Reichssicherheitshauptamtes, in einer Villa außerhalb Berlins einberufen. Unter den Anwesenden befand sich auch Adolf Eichmann, einer der Hauptorganisatoren des Holocausts. Auf dieser geheimen Konferenz stellte Heydrich auf direkten Befehl Hitlers den wichtigsten Vertretern des deutschen Staates und der NSDAP Pläne zur Koordinierung einer europaweiten "Endlösung der Judenfrage" vor.
Das Warschauer Ghetto abgeriegelt
Durch die Abriegelung des Warschauer Ghettos am 15. November 1940 wurden mehr als 350.000 Juden (etwa 30 % der Stadtbevölkerung) auf einer Fläche von 3,36 Quadratkilometern eingeschlossen. Es war das größte der Ghettos der Nazis während des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts.
Der Judenstern
Ab dem 1. September 1941 waren die Juden Europas gesetzlich verpflichtet, in der Öffentlichkeit stets einen gelben Davidstern auf ihrer Oberbekleidung zu tragen.
Gründung des Lagers Auschwitz-Birkenau
Mit dem Bau von Krematorien im Konzentrationslager Auschwitz war bereits im Juni 1940 begonnen worden, doch erst die Errichtung von Auschwitz-Birkenau am 1. März 1942 machte den Ort zu einem bedeutenden Vernichtungszentrum, in dem das Morden in industriellem Maßstab stattfand. Es bleibt eines der dauerhaftesten Symbole des Holocausts.
Quellen: (Holocaust Encyclopedia) (The Wiener Holocaust Library)
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