Eisiger Gigant bedroht Tierparadies: Der größte Eisberg der Welt auf Kollisionskurs
Der Eisberg könnte entweder für ein Desaster sorgen oder eine unerwartete Wendung bringen

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LIFESTYLE Eisberg
Tief im Südpolarmeer ist ein eisiger Koloss in Bewegung geraten. Nachdem er fast vier Jahrzehnte lang auf dem Meeresboden festsaß, hat sich A23a (der größte Eisberg der Welt) endlich losgerissen. Jetzt driftet dieser Billionen Tonnen schwere Megaberg, der eine Fläche bedeckt, die siebeneinhalb Mal der des Bodensees entspricht, in Richtung Norden.
WissenschaftlerInnen und NaturschützerInnen beobachten genau, wie dieser gewaltige Eisblock mit den Meeresströmungen treibt und sich einer abgelegenen, aber ökologisch wichtigen Insel nähert. Aufgrund seiner schieren Größe und seines unvorhersehbaren Weges ist die Reise von A23a mehr als nur ein Spektakel – sie könnte Landschaften verändern, Ökosysteme zerstören und uns eindringlich vor Augen führen, welche Kräfte unseren Planeten prägen.
Was bedeutet die Bewegung dieses Eisbergs für das empfindliche Gleichgewicht des Lebens im Südpolarmeer? Könnte seine Ankunft unvorhergesehene Herausforderungen mit sich bringen, oder birgt sie vielleicht auch versteckte Vorteile? Klicken Sie sich durch diese Galerie, um es herauszufinden.

Ein gefrorener Riese erwacht
Von oben betrachtet sieht A23a wie ein riesiges Stück eisiges Land aus, das sich von der Antarktis weg mit kalten Gewässern bewegt. Der Eisberg treibt derzeit auf die abgelegene Insel Südgeorgien zu, die als wichtiger Zufluchtsort für Tiere wie Robben und Pinguine gilt.

Geburt von A23a
A23a wurde 1986 geboren, als er sich vom Filchner-Eisschelf in der Antarktis löste. Anders als andere Eisberge hing er aufgrund seiner Größe am Meeresboden fest, was verhinderte, dass er wegtrieb. Jahrzehntelang hing er in den flachen Gewässern der Antarktis fest.

Ein riesiger Koloss
Mit mehr als 3.625 Quadratkilometern ist A23a größer als Tokio, die größte Stadt der Welt. Und er ist nicht nur breit, sondern auch tief und zwar so tief, dass er auf dem Meeresboden aufsetzte und fast 40 Jahre lang festsaß.
Bildnachweis: NASA Earth Observatory

Massive Höhe
Die Klippen von A23a ragen beeindruckenderweise bis zu 400 Meter in die Höhe, was ihn mit einem Wolkenkratzer vergleichbar macht. Dennoch ist der Großteil unter der Wasseroberfläche versteckt.

Versteckte Wunder
Auch wenn Eisberge oberhalb der Wasseroberfläche bereits riesig erscheinen, befindet sich rund 90 % ihrer Masse unter Wasser. Diese versteckte Masse macht sie unvorhersehbar und gefährlich, da nur ein Bruchteil ihrer vollen Größe sichtbar ist.

Flucht in Zeitlupe
Der Eisberg hat sich nicht plötzlich zu bewegen begonnen, sondern es war ein schrittweiser Prozess. Mit der Zeit haben Meeresströmungen, Schmelzen und Erosion durch den Wind Teile an den Rändern abbrechen lassen. 2020 hatte sich schließlich genug gelöst, dass er seine lang erwartete Reise in tiefere Gewässer antreten konnte.

In der Strömung gefangen
Als er nun frei trieb, wurde A23a im Antarktischen Zirkumpolarstrom, der stärksten Meeresströmung der Welt gefangen. Diese gnadenlose Kraft treibt ihn in Richtung Südgeorgien in 250 km Entfernung, wo er erneut aufsetzen könnte oder seine unvorhersehbare Reise fortsetzen könnte.

Eine alternative Route
In der Vergangenheit sind Eisberge in der Regel in die Drakepassage getrieben worden, eine turbulente Wasserstraße zwischen dem südamerikanischen Kap Horn und den antarktischen Südlichen Shetlandinseln. Von dort haben sie sich nach Norden in den Südatlantik bewegt, wo sie in den wärmeren Gewässern schnell schmolzen. A23a könnte diesem Beispiel möglicherweise folgen.

Eine langsame Reise
Trotz seiner riesigen Größe bewegt sich A23a mit einer Geschwindigkeit von nur 2,4 km/h fort. Wenn auch langsam, ist es stetig, sodass es nahezu unmöglich ist, ihn zu drehen oder aufzuhalten. Er treibt dorthin, wo ihn das Meer trägt.

Unsicheres Schicksal
Fachleute können nicht genau vorhersagen, wo A23a landen wird. Er könnte in flachen Gewässern in der Nähe von Südgeorgien (siehe Bild) auf Grund laufen, wodurch lebenswichtige Nahrungswege für Wildtiere blockiert würden. Alternativ könnte er weiter treiben und langsam schmelzen, wobei er frisches Wasser und Nährstoffe in den Ozean einbringt.

Eine Blockade für die Tierwelt der Insel
Falls A23a auf Grund läuft, könnte er kritische Wanderrouten für Pinguine und Robben unterbrechen. Diese Tiere sind auf offene Gewässer angewiesen, um zwischen Brut- und Futtergebieten zu bewegen, und ein Hindernis dieser Größe könnte sie zu lebensbedrohlichen Umwegen zwingen.

Eine gefährliche neue Herausforderung
Für die Pinguine Südgeorgiens ist der Zugang zu Nahrung überlebenswichtig. Falls A23a ihre üblichen Futterwege blockiert, müssen die erwachsenen Pinguine weitere Strecken zurücklegen, verbrauchen mehr Energie und bringen weniger Nahrung zurück. Dies könnte zum Verhungern führen, insbesondere bei Küken.

Krankheit
Die Robben- und Pinguinpopulationen auf der Insel haben bereits aufgrund eines schweren Vogelgrippeausbruchs zu kämpfen. Wenn der Eisberg ihre Fütterungsrouten unterbricht, könnte dies die Bedingungen erheblich verschlechtern und diese gefährdeten Arten weiter dezimieren.

Robben könnten leiden
Robben, die auf vorhersehbare Fütterungsrouten angewiesen sind, könnten ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn sich A23a an der falschen Stelle festsetzt. Da die Nahrungsquellen schwerer zu erreichen sind, könnte die Sterblichkeitsrate steigen, insbesondere bei Jungtieren und säugenden Müttern, die häufig Nahrung brauchen.

Schlechter Zeitpunkt für die Ankunft
Der Zeitpunkt der Ankunft von A23a wird über seine Auswirkungen entscheiden. Wenn er das Ökosystem im Oktober stört (wenn die Pinguine mit dem Nisten beginnen), könnten die Folgen gravierend sein. Trifft er jedoch nach Februar ein (wenn die Küken sich selbst versorgen), könnten die Auswirkungen weniger schwerwiegend sein.

Erinnerungen an vergangene Desaster
A23a ist nicht der erste große Eisberg, der Südgeorgien bedroht. Im Jahr 2004 lief der Eisberg A38 auf Grund und zerstörte die lokale Tierwelt. Im Jahr 2020 verfehlte A68 (siehe Bild) die Insel nur knapp. Das Schicksal von A23a bleibt ungewiss, aber die Geschichte zeigt, dass solche Ereignisse katastrophal sein können.

Die Wissenschaft hinter den Namen von Eisbergen
Die Namen der Eisberge sind nicht zufällig gewählt. Jedem Eisberg ist ein Buchstabe zugeordnet, der der antarktischen Region entspricht, in der er zuerst gesichtet wurde, gefolgt von einer fortlaufenden Nummer. A23a beispielsweise stammt aus Quadrant A (dem Sektor des Weddellmeeres) und ist der 23. Eisberg, der in dieser Region entdeckt wurde. Der Kleinbuchstabe am Ende wird hinzugefügt, wenn sich ein großer Eisberg in kleinere Teile aufspaltet.

Ein Gigant, der das Sonnenlicht verdeckt
Die Größe von A23a könnte auch unbeabsichtigte Folgen unter Wasser haben. Indem er große Bereiche des Ozeans beschattet, könnte er die Durchdringung des Sonnenlichts verringern und möglicherweise das Wachstum des Phytoplanktons (der mikroskopisch kleinen Organismen, die die Grundlage der Nahrungskette im Meer bilden) hemmen.

Nahrung
Eisberge können zwar Ökosysteme stören, aber sie liefern auch Nährstoffe. Wenn A23a schmilzt, wird er Eisen und andere Mineralien ins Wasser abgeben, was die Phytoplanktonblüte fördern könnte. Dies würde indirekt die Krillpopulationen und die auf sie angewiesenen Meerestiere unterstützen.

Eine treibende Oase
Trotz seiner potenziellen Gefahren kann A23a auch eine vorübergehende Oase sein. Eisberge ziehen oft Meeresbewohner an, darunter Krill und Fische. Wenn der Megaberg in die Nähe von Südgeorgien treibt, könnten Pinguine und Robben von einer unerwarteten Nahrungsquelle profitieren.

Gefahren für die Navigation
Falls A23a auseinanderbricht, könnte ein Netz kleinerer Eisberge entstehen, das die Navigation für Schiffe tückisch machen würde. Das Südpolarmeer ist bereits eines der gefährlichsten Gewässer der Erde, und zusätzliche Eisgefahren würden es noch riskanter machen.

Klimawandel
Die Entstehung von A23a wurde nicht direkt durch den Klimawandel verursacht, aber der Eisverlust in der Antarktis beschleunigt sich aufgrund der globalen Erwärmung. Immer mehr Eisberge brechen ab, was Bedenken hinsichtlich ihrer langfristigen Auswirkungen auf den Meeresspiegel und die globalen Ozeanzirkulationsmuster weckt.

Die schnelle Verwandlung der Antarktis
Die Antarktis verliert sechsmal schneller an Eis als noch vor 30 Jahren. Zwar brechen Eisberge auf natürliche Weise ab, doch durch den Klimawandel treten diese Ereignisse immer häufiger auf und tragen auch zu einem stärkeren Abschmelzen bei, wodurch sich das Gleichgewicht des Südlichen Ozeans verändert.

Der Anstieg des Meeresspiegels
Selbst wenn die Emissionen heute gesenkt würden, hat das schmelzende Eis der Antarktis bereits einen Anstieg des Meeresspiegels von mindestens zwei Metern eingeleitet. Küstenstädte auf der ganzen Welt werden die Folgen zu spüren bekommen, so dass der Eisverlust nicht nur ein Problem der Antarktis, sondern ein globales Problem ist.

Eine Zeitkapsel
Eisberge wie A23a enthalten Eis, das seit Tausenden von Jahren gefroren ist. Wenn sie schmelzen, geben sie Hinweise auf vergangene Klimabedingungen frei und liefern wertvolle Erkenntnisse für WissenschaftlerInnen, die die Geschichte und die Zukunft der sich verändernden Umwelt der Erde untersuchen.

Ein natürliches Experiment mit hohem Risiko
A23a ist mehr als nur ein Eisberg – er ist ein gewaltiges ozeanografisches und ökologisches Experiment. WissenschaftlerInnen nutzen seine Reise, um zu untersuchen, wie Eisberge marine Ökosysteme und sogar Meeresströmungen beeinflussen.

Abwarten
Im Moment können sowohl die WissenschaftlerInnen als auch die Tierwelt Südgeorgiens nichts anderes tun als abwarten. A23a ist auf einem Weg, der das Ökosystem der Region erschüttern könnte, aber bis er sein Ziel erreicht, sind seine endgültigen Auswirkungen noch nicht bekannt.

Der größte aller Zeiten
Der Eisberg A23a ist nicht der größte, der in der Geschichte aufgezeichnet wurde. Der größte Eisberg war B15, der sich im Jahr 2000 vom Ross-Schelfeis der Antarktis löste. Ursprünglich war er 10.880 km² groß, zerbrach aber im Laufe der Zeit, bevor er sich zwei Jahrzehnte später vollständig auflöste.

Alle Augen auf den Eisberg
Vorerst bleibt das endgültige Schicksal von A23a ein Rätsel. WissenschaftlerInnen, UmweltschützerInnen und NaturliebhaberInnen auf der ganzen Welt beobachten genau, wie er durch den Ozean treibt. Ob er Zerstörung oder unerwarteten Nutzen bringt, seine Reise wird einen bleibenden Eindruck in der Umwelt hinterlassen.
Quellen: (National Geographic) (NASA) (BBC) (Space.com) (Live Science)
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