Slab City: Das Leben im "letzten freien Ort in Amerika"
Die unglaubliche Geschichte eines Hausbesetzerparadieses in Südkalifornien
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In der kalifornischen Soronan-Wüste, rund 80 km nördlich der amerikanisch-mexikanischen Grenze, liegt ein Paradies für Hausbesetzer. Rund 2,5 km² mietfreies Land, die Überbleibsel einer Militärbasis, wurde zu einer wohlbekannten, selbstgenügsamen Gemeinschaft, in der die Lebensbedingungen zwar hart sind, aber wo es dafür umso mehr Freiheit gibt.
Slab City, auch genannt The Slabs, ist das Zuhause von sozialen Außenseitern und ein beliebtes Ziel für Touristen, die solche Außenseiter besichtigen wollen. Die Stadt bietet eine so ganz andere Alternative zum täglichen Leben der meisten Nordamerikaner. Das Leben in dieser Gemeinschaft ist ebenso ehrgeizig und künstlerisch wie auch herausfordernd, doch der Geist, der vor Jahrzehnten zur Gründung führte, wurde von Generation zu Generation flüchtiger, freiheitssuchender Menschen weitergereicht. Diese Gemeinschaft bietet sowohl denjenigen ein Zuhause, die vor etwas weglaufen, als auch denjenigen, die einen Ort zum Hinlaufen brauchen.
Klicken Sie sich durch diese Galerie und entdecken Sie, wie es sich in dieser faszinierenden Gemeinschaft lebt, welche Herausforderungen es hier zu bewältigen gibt und was schon alles erreicht wurde.
Warum "Slab"?
Das 260 Hektar große öffentliche Land, das heute Slab City heißt, erhielt seinen Namen, weil es früher ein Stützpunkt des US Marine Corps war, der in den 1940er-Jahren ein Labor beherbergte, in dem getestet wurde, wie gut Beton im rauen Wüstenklima besteht.
Nichts für Zartbesaitete
Der Betrieb wurde am Ende des Zweiten Weltkriegs eingestellt und schon bald beanspruchten Hausbesetzer das Gebiet für sich. Sie errichteten aus den verbliebenen Betonplatten und allem, was sie sonst noch fanden, behelfsmäßige Behausungen. Bis heute gibt es kein fließendes Wasser, keinen Strom, keine Müllabfuhr und keine Sanitäranlagen.
Jeder ist willkommen
Seit den 1950er-Jahren zieht Slab City Rentner, Künstler, ehemalige Sträflinge, Anarchisten, Ausgestoßene, Verarmte und jeden an, der dem Stadtleben entfliehen will.
Bewohner
Snowbirds, Menschen, die im Winter aus den kälteren nördlichen Teilen Nordamerikas in die wärmeren südlichen Teile ziehen, lassen die Einwohnerzahl von Slab City nach manchen Schätzungen auf über 4.000 ansteigen. Aber im Sommer reduziert sich diese Zahl auf etwa 150, da die Temperaturen bei fast unerträglichen 38 °C liegen.
Provisorische Stadt
Jeder kann sich dem Mix aus Zelten, Anhängern, Wohnmobilen und Hütten anschließen, da der Staat Kalifornien keine Grundsteuer erhebt und es keine Vermieter gibt, die von den Leuten Miete verlangen. Der Haken ist, dass nicht jeder das Zeug dazu hat, hier tatsächlich einzuziehen.
Geld ist keine übliche Währung
Da hier niemand ein substanzielles Einkommen vorweisen kann, greifen die Slabbers auf ein Tauschsystem zurück, typischerweise mit Vorräten oder Fähigkeiten.
Es gibt keine wirklichen Jobs
Aufgrund der fehlenden Infrastruktur und des kollektiven Festhaltens an einem Ideal von "Freiheit" sind bezahlte Jobs rar, vor allem wenn man keine besonderen Fähigkeiten anbietet oder ein Auto zum Transport von Wasser oder Waren hat. Heutzutage ist die Touristensaison eine der wenigen Möglichkeiten, mit geführten Touren oder dem Verkauf von Waren Geld zu verdienen.
Lebensmittel sind ein Problem
Es gibt keine Lebensmittelgeschäfte, und das Wüstenklima ist zu rau, um Lebensmittel anzubauen oder Vieh zu züchten, also müssen die Slabbers ihre Lebensmittel aus den nahegelegenen Städten beziehen. Sie müssen lernen, mit ihren Lebensmittelvorräte so lange wir möglich klar zu kommen, neben Fertigkeiten wie Kompostieren.
Disparität zwischen den Generationen
Die älteren Generationen von Hausbesetzern kamen oft mit Fähigkeiten an, die sie in die Gemeinschaft einbringen konnten, wie z.B. Reparaturen oder Bauarbeiten, aber jüngere Hausbesetzer bringen immer weniger Fähigkeiten und noch weniger Bereitschaft zum Teilen mit, erzählt Slabber "Builder Bill" Ammon dem Time Magazine.
Disparität zwischen den Generationen
Anscheinend sind die älteren Slabber auch kein Fan von den Partys und dem Drogenkonsum der Neuankömmlinge. Sie sagen, eine häufige Fehleinschätzung der Neuankömmlinge sei, dass man sich in den Slabs um sie kümmere, aber in Wirklichkeit ist das einzige, was man umsonst bekommt, das Grundstück, das man sich aussucht. Für den Rest muss man schlau sein und sich selbst versorgen.
Überreste einer Gesellschaft
Für eine netzunabhängige Gemeinde sind die Straßen in einem sehr vertrauten Raster angelegt, und es gibt auch eine kleine Bibliothek, ein paar Einrichtungen, die Lebensmittel verkaufen, und sogar Orte, die man über Airbnb mieten kann, berichtet Roadtrippers.
Die Menschen sind grundsätzlich freundlich
Obwohl die Slabbers sehr unterschiedlich sind, eint sie der Wunsch, außerhalb der konventionellen Gesellschaft leben zu wollen, und sie werden von Touristen oft als sehr freundlich, offen und stolz auf ihre Gemeinschaft beschrieben.
Nachbarschaft innerhalb der Stadt
Ähnlich wie in regulären Städten gibt es in den Slabs mehr als ein Dutzend einzelner Stadtteile, die durch ihre eigenen Regeln und ihre eigene Kultur miteinander verbunden sind.
Ein Beispiel für ein Stadtviertel: California Ponderosa
Ein Mann namens Spyder leitet die Ponderosa-Nachbarschaft, die sich um eine behelfsmäßige Küche/Bar/Wohnzimmer im Freien dreht, die aus gefundenen Materialien wie Sperrholz, Blech und Planen besteht. Er lebt dort mit seiner Frau und seinen Kindern und lässt in der Hochsaison etwa 12 Personen in seinem Camp wohnen, die jeweils 125 US-Dollar im Monat für tägliche Mahlzeiten und den Luxus eines Plumpsklos und einer Außendusche zahlen.
Hygiene ist ein Problem
Da es keinen Strom, kein fließendes Wasser und keine sanitären Einrichtungen wie Kläranlagen oder Müllabfuhr gibt, ist der Ort mitunter mit Müll übersät, nicht gerade gut für die Gesundheit. Es gibt jedoch eine gemeinschaftliche kalte "Dusche", die sich in einem Loch im Boden befindet und mit nicht trinkbarem Wasser funktioniert.
Den Sommer überstehen
Es ist unfassbar heiß im Sommer und ständig windig, darum muss man gut vorbereitet sein, wenn man hier überleben will. Einige haben sich Sprühnebel- und Kühlsysteme aufgebaut, aber man muss auch Konstruktionen haben, die den Wüstenwinden standhalten.
Drogenmissbrauch ist ein zunehmendes Problem
Da es kein Autoritätspersonal gibt, floriert auch der Drogenkonsum. Es werden allerdings nicht nur Dinge wie Marihuana geraucht, sondern zunehmend auch harte Drogen wie Crystal Meth.
Es soll trotzdem sicher sein
Obwohl viele Ausgestoßene, Ex-Sträflinge und Süchtige in der Stadt Zuflucht suchen, ist die Kriminalitätsrate recht niedrig, und viele Slabber sagen, dass die Leute dazu neigen, sich um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern, oder dass sie Probleme gemeinschaftlich bewältigen (obwohl das Anzünden der Lager von Straftätern, was wohl eine Lösungsmöglichkeit ist, vielleicht eher fragwürdig ist).
Die Stadt ist nicht gesetzlos
Obwohl es in Slab City keine offizielle Regierung oder Polizei gibt, kommen die Behörden aus den Nachbarstädten Berichten zufolge häufig vorbei. Laut den Disponenten des Bezirks drehen sich Anrufe aus Slab City oft um Unruhen, Diebstähle oder medizinische Notfälle.
Touristenmagnet: East Jesus
Auf der Nordseite von Slab City findet sich die Kunstkommune East Jesus. Hier gibt es haufenweise geschweißte Kunstwerke aus Schrott, riesige Statuen und komplizierte Installationen, die auch für Besucher zugänglich sind.
East Jesus
Das Kunstprojekt, das zur Kommune wurde, wurde 2006 vom verstorbenen Slabber Charles Stephen Russell gegründet. Es handelt sich um ein in sich geschlossenes, ökologisches Projekt. Im Gegensatz zu Slab ist das Gelände jetzt in Privatbesitz, da die lokale gemeinnützige Chasterus Foundation das 12-Hektar-Grundstück 2016 gekauft hat.
East Jesus
Die Hauptattraktion ist ein ganzjährig geöffnetes "Kunstmuseum" im Freien mit einer Wand aus kaputten Fernsehern, die mit Botschaften bedeckt sind, einem mit Babypuppenköpfen geschmückten Auto und anderen seltsamen Installationen.
East Jesus
Hinter dem Museum haben die Bewohner ein Labyrinth aus Wohnwagen um einen gemeinschaftlichen Wohnbereich errichtet. Anders als die meisten Slabber haben sie Strom, WLAN, Komposttoiletten, Duschen, eine Batteriebank, einen Notstromdieselgenerator, einen Warmwasserbereiter, eine Handwaschstation, eine Speisekammer und einen Recyclingbereich.
Gentrifizierung der Slabs?
Der Hausmeister von East Jesus, Pyro Iskaki, gab zu, dass die Slabs-Bewohner die Bemühungen der Kommune, an einem selbsternannten "gesetzlosen" Ort Struktur zu schaffen, kritisieren und behaupten, sie würden die Stadt gentrifizieren. Er widersprach und argumentierte: "Wir versuchen, der Gemeinschaft eine Ressource zu bieten, damit sie sich selbst verbessern kann und etwas Verantwortung übernimmt."
Salvation Mountain
Die größte und bekannteste Kunstinstallation von Slab City wurde über 30 Jahre hinweg von dem Künstler Leonard Knight geschaffen, wobei schätzungsweise 378.000 Liter gespendeter Farbe verwendet wurden. Der Staat versuchte einst, den Berg zu einer Sondermülldeponie zu erklären, aber Knight setzte sich durch und die Folk Art Society of America erklärte den riesigen Hügel seitdem zu einem nationalen Volkskunst-Schrein.
Slab City Library
Die erste Slab City Library wurde 1999 eröffnet, litt aber unter Vernachlässigung. Im Jahr 2014 zog Cornelius Vango ein und begann mit dem Wiederaufbau. Jetzt können sich Einheimische und Touristen mit einem guten Buch im Schatten die Zeit vertreiben, und natürlich gibt es keine Abgabetermine oder Bibliotheksausweise.
Ein Internetcafé
Sie befinden sich vielleicht abseits des Netzes, aber nicht komplett offline. Ein Internetcafé, ein drahtloser Router in einem Zelt, gibt den Slabbers Zugang zur Außenwelt und umgekehrt.
Unterhaltung
The Range ist ein Veranstaltungsort mit offener Bühne in der Mitte von Slab City, wo Auftritte von lokalen Künstlern oder Bands stattfinden, die auf der Durchreise sind. Hier findet auch der jährliche Abschlussball der Stadt statt, eine jährliche Party am Ende des Winters, die den Slabbern die seltene Gelegenheit bietet, sich schick zu machen.
Eine andere Lebensweise
So viele Probleme Slab City auch hat, es sind nicht mehr als in jeder anderen Stadt auch, und das Hausbesetzerparadies bietet die Möglichkeit, eine andere Lebensweise auszuprobieren.
Quellen: (Time) (Washington Post) (LA Weekly) (Roadtrippers) (Smithsonian) (Independent)
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