Etwa 4–12 % aller CEOs zeigen psychopatische Züge. In der allgemeinen Bevölkerung liegt dieser Anteil nur bei rund 1 %. Auch einige frühere und aktuelle Staats- und Regierungschefs weisen Merkmale wie Charme, Risikobereitschaft, fehlendes Schuldbewusstsein und einen unermüdlichen Siegeswillen auf. Doch fördert eine solche Denkweise tatsächlich erfolgreiches Führungsverhalten, oder richtet sie am Ende mehr Schaden als Nutzen an? Klicken Sie weiter und finden Sie es heraus.
Wir neigen dazu, Psychopathie mit Kriminalität gleichzusetzen, und der Gedanke, einer solchen Person im eigenen Zuhause oder am Arbeitsplatz zu begegnen, ist ziemlich beängstigend.
Figuren wie Hannibal Lecter in "Das Schweigen der Lämmer" (1991), Dexter Morgan in "Dexter" (2006–2013), Jordan Belfort in "The Wolf of Wall Street" (2013) oder Terence Fletcher in "Whiplash" (2014) jagen einem einen Schauer über den Rücken. So genial sie auch sein mögen, sie sorgen garantiert für Gänsehaut. Doch im echten Leben würden Sie solche Menschen höchstwahrscheinlich gar nicht erkennen.
Laut einer Studie von Dr. Paul Babiak, einem in New York ansässigen Arbeits- und Organisationspsychologen, könnten etwa 4 bis 12 % der Führungskräfte in den USA psychopathische Züge aufweisen. Bei den Supply-Chain-Managern lag der Anteil mit klinisch relevanten Ausprägungen sogar bei bis zu 21 %.
Das ist vergleichbar mit den Psychopathie-Raten unter Strafgefangenen, die bei etwa 15 % liegen. Diese Werte sind deutlich höher als in der Allgemeinbevölkerung, wo sie bei rund 1 % liegen.
Da Psychopathie in Führungspositionen offenbar gar nicht so selten ist, werfen wir jetzt einen Blick auf einige der zentralen Merkmale, und schauen, ob sie möglicherweise sogar Vorteile mit sich bringen.
Psychopathen wissen genau, wann es Zeit ist, den Charme spielen zu lassen. Sie wirken unterhaltsam, redegewandt und geradezu magnetisch, doch all das bleibt an der Oberfläche. Ihre scheinbar mühelose Ausstrahlung rührt daher, dass ihnen Selbstzweifel und Hemmungen weitgehend fehlen. Das macht sie zu wahren Naturtalenten darin, andere für sich zu gewinnen.
Psychopathen können ihren Charme gezielt einsetzen, um Konflikte zu entschärfen, die Gegenseite zu überzeugen und, oft durch geschickte Kommunikation, eine Gruppe von Menschen dazu zu bringen, gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten.
Bei Verhandlungen haben Psychopathen definitiv einen Vorteil, denn sie wissen genau, wie man beeindruckt, manipuliert und dem Gegenüber einen Schritt voraus ist. Doch Charme und Taktik bringen sie nur bis zu einem gewissen Punkt. Auf lange Sicht zählen vor allem Vertrauen und Integrität, und genau da beginnen die Dinge oft auseinanderzubrechen.
Elizabeth Holmes gründete Theranos im Jahr 2003 im Alter von nur 19 Jahren, mit dem Ziel, das Gesundheitswesen zu revolutionieren. Ein Gerät sollte tödliche Krankheiten anhand nur eines einzigen Tropfens Blut erkennen können. Auf seinem Höhepunkt war Theranos unglaubliche 9 Milliarden US-Dollar wert, und Holmes, die die Hälfte des Unternehmens besaß, avancierte zur jüngsten Selfmade-Milliardärin der Welt.
Was viele überraschte, war, wie es Holmes, obwohl sie ihr Studium abgebrochen hatte und weder über technisches Können noch Geschäftserfahrung verfügte, gelang, einige der einflussreichsten Persönlichkeiten der Wirtschaftswelt von Theranos zu überzeugen. Schwergewichte wie Rupert Murdoch, die Walton-Familie, Oracle-Mitgründer Larry Ellison und die Apothekenkette Walgreens stiegen ein. Selbst ihr Vorstand war mit Machtfiguren besetzt: darunter Henry Kissinger und Jim Mattis (beide ehemalige US-Außenminister), der frühere Wells-Fargo-CEO Richard Kovacevich und der Ex-Direktor der CDC, William Foege. Das alles spricht für ihre Überzeugungskraft, ist aber doch auch eine Mahnung, wie weit man allein mit Charisma kommen kann, selbst wenn die Substanz fehlt.
Zwischen 2015 und 2018 sah sich Theranos mit mehreren Klagen von Investoren konfrontiert, nachdem Untersuchungen die falschen Versprechen des Unternehmens ans Licht brachten. Am Ende musste Theranos den Betrieb einstellen, und Elizabeth Holmes wurde in vier Fällen des Betrugs schuldig gesprochen, was ihr eine elfjährige Gefängnisstrafe einbrachte. Am Ende reichten Charme und Überzeugungskraft eben doch nicht aus, um sie zu retten.
Studien zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen Psychopathie und Impulsivität. Das bedeutet, Psychopathen handeln oft spontan, sagen oder tun Dinge, ohne über die Konsequenzen nachzudenken.
Der gleiche Impuls, der Kriminelle zu Gewalttaten treibt, kann sich auch in Führungspositionen zeigen. Dort äußert er sich häufig in risikoreichem Verhalten. Und manchmal wird genau diese Rücksichtslosigkeit sogar belohnt.
Risikobereitschaft ist eine zentrale Eigenschaft von Führungspersönlichkeiten, die mutige Entscheidungen treffen, vor denen andere zurückschrecken. Impulsivität kann dabei helfen, Ängste zu verringern, Widerstandskraft aufzubauen, Entscheidungen schneller zu treffen und besser mit Stress umzugehen. Doch wenn Impulsivität außer Kontrolle gerät, wird sie schnell zum Rezept für Katastrophen.
Steve Jobs wird als einer der visionärsten Führungspersönlichkeiten seiner Zeit in Erinnerung behalten. Man erinnert sich an ihn als einen Mann, der unsere Welt nachhaltig verändert hat. Gleichzeitig sorgten seine exzentrische Art und sein impulsives Gemüt immer wieder dafür, dass Projekte ins Stocken gerieten oder Zusammenarbeit erschwert wurde.
Das wohl bekannteste Beispiel dafür ist Steve Jobs’ Entscheidung, 1983 den ehemaligen PepsiCo-Präsidenten John Sculley als CEO von Apple einzustellen. Schon bald prallten ihre Meinungen immer öfter aufeinander, bis Jobs schließlich versuchte, Sculley mithilfe eines internen Coups aus dem Unternehmen zu drängen. Doch der Plan schlug fehl, und am Ende war es Jobs selbst, der Apple verlassen musste.
Aus Trotz verkaufte Jobs fast all seine Apple-Aktien. Damit schadete er nicht nur seinem eigenen Vermögen, sondern schränkte auch die Möglichkeiten seines nächsten Projekts, NeXT, erheblich ein. NeXT sollte Apple Konkurrenz machen, verlor jedoch über Jahre hinweg viel Geld, bevor es schließlich von Apple übernommen wurde.
Menschen mit psychopathischen Zügen empfinden häufig kein Schuldgefühl. Selbst wenn sie wissen, dass ihr Verhalten anderen schadet, neigen sie eher dazu, die Schuld auf andere abzuwälzen oder jede Verantwortung für ihre Fehler von sich zu weisen.
So seltsam es auch klingen mag, Menschen, die kein Schuldgefühl empfinden, treffen manchmal Entscheidungen, die kurzfristig schaden, langfristig aber durchaus vorteilhaft oder sogar erfolgreich sein können.
Psychopathen fällt es leichter, Entscheidungen zu treffen, die rechtlich oder moralisch fragwürdig sind, solange sie ihnen selbst am Ende nützen. Gerade in Führungspositionen kann das als risikoreiche, aber potenziell vorteilhafte Eigenschaft gelten, denn solche Schritte führen mitunter tatsächlich zum Erfolg eines Teams oder Unternehmens. Doch dieser Ansatz hat einen entscheidenden Haken.
Nordkoreas Diktator ist berüchtigt für seine Rücksichtslosigkeit und völlige Empathielosigkeit. Seine jahrelange Schreckensherrschaft zeigt eindrucksvoll, wie sehr sein Führungsstil von Egozentrik und Selbstüberschätzung geprägt ist.
Jang Song Thaek, der Onkel von Kim Jong-un und damals eine der mächtigsten Figuren Nordkoreas, wurde 2013 als "Verräter aller Epochen" gebrandmarkt und hingerichtet. Sein Tod zählt zu den grausamsten in der jüngeren Geschichte: Berichten zufolge wurde er von 120 ausgehungerten Hunden bei lebendigem Leib zerfleischt. Experten vermuten, dass Jangs Beliebtheit und seine engen Verbindungen zu China Kim Jong-uns Unsicherheiten weckten, und letztlich zu seiner Hinrichtung führten. Auch hinter dem Mord an seinem älteren Halbbruder Kim Jong-nam soll Kim Jong-un stecken. Dieser wurde mit einem hochgiftigen Nervenkampfstoff getötet.
Ein ehemaliger nordkoreanischer Unteroffizier berichtete, dass im Falle einer Gefangennahme nordkoreanischer Soldaten im Ukrainekrieg deren Familien in Arbeitslager geschickt oder sogar hingerichtet würden. Eine derart grausame Schreckensherrschaft lässt selbst die brutalsten Diktatoren im Vergleich harmlos erscheinen.
Um ihre Ziele zu erreichen, greifen Psychopathen häufig zu Täuschung und Manipulation. Dahinter stecken tief sitzende Unsicherheiten, eine regelrechte Besessenheit vom Erfolg und ein unstillbares Bedürfnis, Menschen und Erzählungen nach ihren Vorstellungen zu lenken.
Büropolitik ist in Unternehmen nichts Neues, denn viele verstricken sich früher oder später in das Spiel aus Täuschung und Eigeninteresse. Psychopathen, die wahre Meister der Manipulation sind, wissen solche Situationen gezielt auszunutzen, um ihre eigenen Ziele voranzutreiben.
Als Führungskräfte neigen Psychopathen dazu, Teams gegeneinander auszuspielen, um Leistung zu steigern. Dabei greifen sie oft zu Methoden wie Gaslighting, Verdrehung der Wahrheit oder sogar dreisten Lügen. All das wird Teil ihrer strategischen Vorgehensweise.
Josef Stalin, einst Diktator der Sowjetunion, zeigte klassische Merkmale von Täuschung und Manipulation.
Als sich das Ende des Zweiten Weltkriegs abzeichnete und Deutschlands Niederlage unausweichlich schien, lieferten sich die Westalliierten und die Sowjetunion ein Wettrennen um die Eroberung Berlins. Beide Seiten wollten diesen symbolträchtigen Sieg zuerst für sich beanspruchen. Stalin jedoch täuschte Desinteresse vor und überzeugte Winston Churchill und Franklin D. Roosevelt davon, dass Berlin kein vorrangiges Ziel sei. Stattdessen plädierte er dafür, sich auf die Einnahme der industriellen Zentren Deutschlands zu konzentrieren, um den Krieg endgültig zu gewinnen. Am Ende fiel die Entscheidung, dass allein die sowjetischen Truppen auf Berlin vorrücken sollten.
Stalin schürte regelmäßig Misstrauen unter seinen Generälen und spielte sie gezielt gegeneinander aus. In der finalen Schlacht um Berlin versprach er Marschall Georgi Schukow, dass seine 1. Weißrussische Front den Angriff anführen dürfe. Gleichzeitig forderte er Marschall Iwan Konew auf, ebenfalls aus dem Süden vorzurücken. Dieser künstlich geschürte Konkurrenzkampf trieb beide Generäle dazu, überhastete und schlecht vorbereitete Offensiven zu starten, oft mit unzureichend ausgerüsteten Truppen. Das Ergebnis war ein tragisches Blutbad.
Quellen: (BBC) (Forbes) (Harvard Business Review)
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LIFESTYLE Menschliches Verhalten
Etwa 4–12 % aller CEOs zeigen psychopatische Züge. In der allgemeinen Bevölkerung liegt dieser Anteil nur bei rund 1 %. Auch einige frühere und aktuelle Staats- und Regierungschefs weisen Merkmale wie Charme, Risikobereitschaft, fehlendes Schuldbewusstsein und einen unermüdlichen Siegeswillen auf. Doch fördert eine solche Denkweise tatsächlich erfolgreiches Führungsverhalten, oder richtet sie am Ende mehr Schaden als Nutzen an? Klicken Sie weiter und finden Sie es heraus.