Warum gewinnen Rechtsextreme unter jungen Menschen in Europa an Popularität?
Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg scheint eine rechtsextreme Partei eine Wahl zu gewinnen
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Der große Erfolg von rechten Parteien bei den kürzlichen Europawahlen verbreitete sich wie eine Schockwelle über den Kontinent. Mit Marine Le Pens Rassemblement National, die auf dem Weg zu einer dominanten politischen Kraft in Frankreich ist, neigt sich Europa immer weiter nach rechts. Dieser grundlegende Wandel wird von einer zunehmenden Zahl an jungen Menschen befeuert, die als Erstwähler von den etablierten Zentrumsparteien enttäuscht sind und nach Chancen suchen. Aber was bringt die Generation Z dazu, einen so radikalen Wandel zu unterstützen?
Die rechtsextreme Partei Alternative für Deutschland (AfD) schneidet bei den Landtagswahlen erschreckend gut ab. Es wird erwartet, dass sie die Parlamentswahlen in der ostdeutschen Region Thüringen gewinnt. Es ist das erste Mal seit 1945, dass eine rechtsextreme Partei eine Wahl gewinnen wird, und sie könnte auch in Sachsen den Sieg davontragen. Die AfD liegt mit prognostizierten 33,5 % an erster Stelle, gefolgt von der konservativen Christdemokratischen Partei (CDU). Die Sozialdemokratische Partei (SPD) von Bundeskanzler Olaf Scholz hat bisher enttäuschende Ergebnisse erzielt, zumal diese Regionalwahlen als Indikator dafür gelten, was die derzeitige Regierung bei den Parlamentswahlen im nächsten Jahr erwarten kann.
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Europawahl 2024
Der Erfolg der rechtsextremen Parteien bei den Wahlen zum Europäischen Parlament 2024 war vorhersehbar. Was die Meinungsforscher jedoch überraschte, war, wie gut sie bei jungen Menschen abschnitten.
Europa orientiert sich immer weiter nach rechts
Das Europäische Parlament neigt sich immer weiter nach rechts. Und wenn man den Wahlergebnissen Glauben schenkt, dann passiert dasselbe mit der neuen Generation von Wählern.
Mehr Sitze für rechte Parteien in Brüssel
Die kombinierten Stimmen für rechtsextreme Parteien auf dem ganzen Kontinent sicherten ihnen ein Viertel der Sitze in Brüssel – gleichauf mit der größten Gruppierung der mitte-rechten Europäischen Volkspartei.
Der Aufstieg des Rassemblement National
Die Wähler in Frankreich haben Präsident Emmanuel Macron einen schweren Schlag versetzt. Marine Le Pens rechtsextreme Partei Nationale Rallye (RN) erhielt mehr als 30 % der Stimmen, während die Partei Renaissance (RE) des französischen Staatschefs 14,5 % der Stimmen erhielt.
Vorgezogene Neuwahlen
Das schwache Ergebnis brachte Emmanuel Macron dazu, sich über das Fernsehen an die BürgerInnen zu wenden und die Auflösung des Landesparlaments und Neuwahlen zu verkünden.
Eine umfassende Verschiebung französischer Politik
Die erste Runde der wichtigen französischen Parlamentswahlen fand am 30. Juni statt. Der Rassemblement National von Marine Le Pen erzielte einen großen Erfolg. Die Stichwahl findet voraussichtlich am 7. Juli statt. Der RN befindet sich bereits auf gutem Weg, die französische Politiklandschaft drastisch zu verändern.
Ein rechtsgerichteter Premierminister?
Ein Sieg würde Macron zwar nicht aus dem Amt drängen, aber der französische Präsident müsste einen neuen Premierminister aus der Opposition ernennen – aus der RN, um genau zu sein.
Jordan Bardella
Das könnte bedeuten, dass Jordan Bardella der neue Premierminister Frankreichs würde. Er gilt als Le Pens politischer Ziehsohn und ist mit der für den RN typischen Anti-Einwanderungsrhetorik durch das Land gezogen. Und die Menschen scheinen ihm zuzuhören.
Die Wahl wird in den sozialen Medien gewonnen
Bardella hat 1,5 Millionen Follower bei TikTok und wird bei Veranstaltungen des RN häufig von einer Menge bedrängt, die ein Selfie mit dem 28-Jährigen wollen. Er nutzt TikTok und andere Social Media Plattformen, um die jungen Leute in Frankreich zu erreichen.
Die Generation Z hört zu
Und die Generation Z (geboren zwischen 1997 und 2012) macht auf sich aufmerksam. Das Credo vieler lautet, den Kontinent von "Technokraten" zu befreien und zu einem "Europa der Nationen" zurückzukehren.
Wahl für Veränderung
Laut Euronews wollen junge Menschen einen Rückgang der Einwanderung und den Absturz der "ineffizienten und korrupten" traditionellen Parteien.
Rechte Politik in Italien
Und nicht nur in Frankreich verschaffen sich junge Stimmen Gehör. Überall in Europa stimmen Zwanzigjährige für rechtsextreme oder nationalistische Parteien. Die seit Oktober 2022 in Italien regierende Premierministerin Giorgia Meloni wurde von zahlreichen 18 bis 24-jährigen Erstwählern ins Amt gewählt.
Rechte Politik in Italien
Die Premierministerin führt die rechtspopulistische Partei Fratelli d'Italia seit 2014 an. Sie führt außerdem seit 2020 die Partei Europäische Konservative und Reformer an. Auch Meloni bleibt über die sozialen Medien mit der jüngeren Wählerschaft in Kontakt.
Rechte Parteien in Deutschland
Hierzulande hat die Alternative für Deutschland einen starken Fokus gegen Einwanderung. Auch die AfD landete mit 16 % der Stimmen bei der Europawahl einen Erfolg als Zweite hinter den Christdemokraten mit 30 %. Die Ampel landete nur auf dem dritten Platz.
Rechte Parteien in Deutschland
Zum ersten Mal durften an der Europawahl hierzulande auch 16-Jährige teilnehmen. Die DW merkte an, dass auch die AfD sich strategisch an junge Menschen richtete, indem sie hauptsächlich TikTok und Instagram mit ähnlichen Parolen wie in Frankreich und Italien füllten. Und das, obwohl die Partei in jüngster Vergangenheit von einer Reihe von Skandalen und Anti-rechts-Protesten gebeutelt wurde.
Rechte Politik in den Niederlanden
Am 22. November 2023 verpassten die niederländischen Wähler den etablierten Zentrumsparteien einen beeindruckenden Dämpfer als Nationalist Geert Wilders, der für seine populistischen Ansichten zu Immigration und Islam bekannt ist, und seine rechtsextreme Partei für die Freiheit (PVV) fast ein Viertel der Stimmen und 37 Sitze erhielt.
Rechte Politik in den Niederlanden
Die PVV gewann die Sitze größtenteils aufgrund des sozioökonomischen Unmuts vieler niederländischer Bürger, die sich angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten unfair behandelt fühlen.
Rechte Politik in Polen
Immigration ist ein wichtiges Thema in Polen. Der Guardian berichtet, dass der Großteil der polnischen Bevölkerung der Meinung ist, dass Einwanderer Polen die Arbeitsplätze wegnehmen und der Wirtschaft schaden. Diese Rhetorik passt zur KKP, einer rechtsextremen monarchistischen Partei, die von Grzegorz Braun angeführt wird. Neben ihrer Einstellung gegenüber Einwanderung spricht sich die Partei auch für die Diskriminierung von Minderheiten aus.
Rechte Politik in Polen
Bei einer Kampagne für die Europawahl 2024 zerriss Karolina Pikula, eine der radikalsten Politikerinnen des Landes, eine Regenbogenflagge als Zeichen des Protests gegen die LGBTQ+ Community. Polens Faszination für rechte Politik schwindet jedoch. Im Dezember 2023 wurde die rechtspopulistische Regierungspartei PiS abgesetzt.
Rechte Politik in Spanien
In Spanien wurde die nationalkonservative Partei Vox als rechts und rechtsextrem identifiziert. Das Oberhaupt der Partei, Santiago Abascal, ist hier mit einer Wahlkarte während der Europawahl 2024 zu sehen.
Rechte Politik in Spanien
Vox hat seit seiner Gründung 2013 die Erstwähler Spaniens umgarnt. Analysten geben an, dass die Partei vor allem aufgrund ihres Verständnisses für Bilder in den sozialen Medien junge Unterstützer der Generation Z anzieht. 2023 vermischte Vox in den Konten auf Instagram und TikTok Bilder vom traditionellen spanischen Landleben mit Videos von Aufständen in Frankreich, für die sie illegale Einwanderung verantwortlich machen.
Rechte Politik in Portugal
Auch Spaniens Nachbar Portugal hat einen Aufstieg rechten Populismus erlebt. André Ventura, Parteichef von Chega ("Es reicht"), hat mit seiner Partei seit der Gründung 2019 wachsende Zustimmung erlebt.
Rechte Politik in Portugal
Seit dem Gewinn eines Sitzes bei den portugiesischen Parlamentswahlen 2019 bis hin zu 50 Sitzen im Jahr 2024 hat die Attraktivität von Chega stark zugenommen. Die Partei war in der Lage, die Frustration der portugiesischen Jugend über Probleme der Lebensqualität wie die Wohnungskrise und den Mangel an gut bezahlten Arbeitsplätzen sowie die Wut auf die etablierten Parteien, die diese Herausforderungen nicht angegangen sind, zu nutzen. Das Bild zeigt Ventura in Lissabon mit Marine Le Pen und Tino Chrupalla.
Populismus im Vereinten Königreich
Die UK Independence Party (UKIP) ist eine euroskeptische rechtspopulistische Partei im Vereinten Königreich, die einst von Nigel Farage angeführt wurde. Bei der Europawahl 2014 gewann die Partei die meisten Sitze für das Vereinte Königreich und machte so Druck auf den damaligen Premierminister David Cameron, das Referendum über die Mitgliedschaft in der EU 2016 auszurufen. Nach dem erfolgreichen Referendum trat Farage als UKIP-Chef zurück. 2018 gründete er die Brexit-Partei mit, um den Ausstieg des Vereinten Königreichs zu überwachen.
Der Brexit-Effekt
Am 24. Juni 2016 stimmte das Vereinte Königreich für den Austritt aus der Europäischen Union; 51,89 % stimmten für den Austritt, 48,11 % dafür zu bleiben. Laut YouGov haben die über 65-Jährigen mehr als doppelt so häufig wie die unter 25-Jährigen für den Austritt aus der EU gestimmt. Und laut einer YouGov-Umfrage vom Juli 2023 gab eine Mehrheit der Briten (55 %) an, dass sie für den Verbleib in der EU stimmen würden, wenn das Referendum jetzt stattfinden würde.
Proteste gegen Rechtsextremismus in Frankreich
In Frankreich nahmen Tausende von Demonstranten gegen die extreme Rechte an einer Demonstration auf dem Place de la Republique in Paris nach den Ergebnissen der französischen Parlamentswahlen am 30. Juni 2024 teil.
Proteste gegen Rechtsextremismus in Deutschland
Einen Tag zuvor, am 29. Juni, versammelten sich Demonstranten vor der Grugahalle in Essen, in der der Parteitag der AfD stattfand.
Proteste gegen Rechtsextremismus in Italien
Und in Rom versammelten sich am 20. Juni Studierende, Gewerkschaftsmitglieder und Anti-Faschisten allen Alters zu einem Protest gegen die kürzlichen Gewaltausbrüche rechter Militanten in der italienischen Hauptstadt.
Quellen: (The Guardian) (CNN) (The Conversation) (Al Jazeera) (Euronews) (Reuters) (The New York Times) (BBC) (Politico)
Sehen Sie auch: Der Aufstieg des Faschismus in Europa: Warum genau ist diese Ideologie so brutal?
Warum gewinnen Rechtsextreme unter jungen Menschen in Europa an Popularität?
Der große Erfolg von rechten Parteien bei den kürzlichen Europawahlen verbreitete sich wie eine Schockwelle über den Kontinent. Mit Marine Le Pens Rassemblement National, die auf dem Weg zu einer dominanten politischen Kraft in Frankreich ist, neigt sich Europa immer weiter nach rechts. Dieser grundlegende Wandel wird von einer zunehmenden Zahl an jungen Menschen befeuert, die als Erstwähler von den etablierten Zentrumsparteien enttäuscht sind und nach Chancen suchen. Aber was bringt die Generation Z dazu, einen so radikalen Wandel zu unterstützen?
Die rechtsextreme Partei Alternative für Deutschland (AfD) schneidet bei den Landtagswahlen erschreckend gut ab. Es wird erwartet, dass sie die Parlamentswahlen in der ostdeutschen Region Thüringen gewinnt. Es ist das erste Mal seit 1945, dass eine rechtsextreme Partei eine Wahl gewinnen wird, und sie könnte auch in Sachsen den Sieg davontragen. Die AfD liegt mit prognostizierten 33,5 % an erster Stelle, gefolgt von der konservativen Christdemokratischen Partei (CDU). Die Sozialdemokratische Partei (SPD) von Bundeskanzler Olaf Scholz hat bisher enttäuschende Ergebnisse erzielt, zumal diese Regionalwahlen als Indikator dafür gelten, was die derzeitige Regierung bei den Parlamentswahlen im nächsten Jahr erwarten kann.
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Gewalttätige Proteste im Jahr 2024
Im Vereinigten Königreich wurde die linksgerichtete Labour-Partei im Juli 2024 zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt wieder an die Macht gewählt. Trotz dieses landesweiten Signals, dass die Bürgerinnen und Bürger Großbritanniens eine fortschrittlichere Politik wollen, sorgten rechtsextreme Gruppierungen dafür, dass ihre Stimmen nicht verloren gingen. Vielmehr versetzten sie das Land Ende Juli in Panik und Unruhe. In den Städten des Vereinigten Königreichs kam es zu einwanderungsfeindlichen Ausschreitungen, von denen sich viele gegen Hotels richteten, in denen Asylbewerber untergebracht waren. Ausgelöst wurden die rechtsextremen Proteste durch Fehlinformationen nach dem verheerenden Anschlag, der sich am 29. Juli in Southport, Nordengland, ereignete. Ein 17-Jähriger war während einer Veranstaltung in eine Tanzschule eingedrungen und hatte drei kleine Kinder erstochen, acht weitere wurden verletzt. Die Rechtsextremen organisierten einwanderer- und islamfeindliche Proteste und zogen voreilige Schlüsse über das Motiv für den Angriff.
Gewalttätige Proteste im Jahr 2024
Die Proteste und Märsche eskalierten schnell zu Ausschreitungen, Plünderungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Hotels für Asylbewerber wurden angegriffen, und in Rotherham versuchten Demonstranten sogar, ein Hotel in Brand zu setzen. Die Vorfälle ereigneten sich in Städten im gesamten Vereinigten Königreich und in Nordirland, während die Polizei darum bemüht war, die Kontrolle zu behalten.