So werden in Japan Lebensmittelabfälle wieder zu Nahrung umgewandelt
Mit Fermentation gegen das Abfallproblem des Landes
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LIFESTYLE Recycling
In Japan wird derzeit eine einzigartige Fermentationsmethode getestet, mit deren Hilfe Lebensmittelabfälle in nachhaltiges Futter für Schweine umgewandelt werden können. Dies spart nicht nur Geld, sondern reduziert auch Abfälle und Treibhausgasemissionen. Aber was genau bedeutet Fermentation? Was passiert im Japan Food Ecology Center, das vom ehemaligen Tierarzt Koichi Takahashi gegründet wurde? Und welche Vorteile haben fermentierte Futtermittel für Schweine?
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Das Japan Food Ecology Center
Koichi Takahashi, ein ehemaliger Tierarzt, hat das Japan Food Ecology Center gegründet, das sich auf den Kreislauf von Recycling und Erneuerung konzentriert, indem menschliche Lebensmittelreste in hochwertiges Schweinefutter umgewandelt werden.
Koichi Takahashi
Takahashi sagte, dass er "ein Pilotprojekt für eine Kreislaufwirtschaft aufbauen wollte" und "anstatt auf Futterimporte angewiesen sein, können wir unsere regionalen Lebensmittelabfälle effektiv nutzen."
Japan und die Selbstversorgung
Japan ist eine kleine Inselnation mit einer bergigen Landschaft, wodurch sich die Selbstversorgung mit Lebensmitteln als Herausforderung darstellt.
Lebensmittelabfälle
Japan importiert annähernd zwei Drittel seiner Lebensmittel und drei Viertel der Futtermittel. Dennoch werden jedes Jahr 28,4 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen, wovon viele noch essbar wären.
Kosten für die Umwelt
Die große Menge an Lebensmittelabfällen sorgen für enorme umwelttechnische und wirtschaftliche Kosten. Die Konsumenten zahlen Steuern, um den Großteil der Kosten in Höhe von 800 Mrd. Yen pro Jahr abzudecken, die im Land für Müllverbrennung ausgegeben werden.
Müllverbrennung
Lebensmittel machen etwa 40 % des Mülls aus, der in Japan verbrannt wird. Die Müllverbrennung sorgt für eine enorme Luftverschmutzung und Treibhausgasemissionen.
Die Auswirkungen der Treibhausgasemissionen
Treibhausgase sind für den Klimawandel verantwortlich, da sie die Wärme zurückhalten, was zum Schmelzen der Polarkappen und dem steigenden Meeresspiegel beiträgt. Dies führt zu häufigeren und schwerwiegenderen Wetterereignissen und zerstört Ökosysteme und menschliche Lebensräume weltweit.
Takahashis Idee
1998 startete die japanische Regierung ein Projekt, um Methoden zu fördern, mit denen verschwendete Ressourcen in Futtermittel umgewandelt werden können. Davon inspiriert fand Takahashi eine Lösung: Fermentation.
Was ist Fermentation?
Die Fermentation ist ein natürlicher Prozess, bei dem Mikroorganismen wie Bakterien oder Hefen den Zucker in Lebensmitteln zersetzen. Dadurch werden die Lebensmittel haltbar und bekommen einen neuen Geschmack.
Japans Geschichte der Fermentation
Archäologische Belege weisen darauf hin, dass die Menschen in Japan bereits vor rund 5000 Jahren in der frühen Jōmon-Zeit mit der Fermentation von Beeren begannen.
Welche Vorteile haben fermentierte Lebensmittel?
Fermentierte Lebensmittel sind leichter verdaulich und können Stresssymptome wie Ängste und Depressionen lindern.
Welche Vorteile haben fermentierte Lebensmittel?
Die Forschung zeigt, dass einige fermentierte Lebensmittel Nährstoffe in konzentrierterer Form enthalten als im nicht-fermentierten Zustand. Einige fermentierte Produkte aus Massenproduktion, wie zum Beispiel Kombucha, können jedoch viel Zucker enthalten.
Arten fermentierter Lebensmittel: Kefir
Kefir ist ein fermentiertes Milchgetränk, das einem dünnen Joghurt ähnelt. Kefir kann helfen, den Blutzucker zu regulieren, den Cholesterinspiegel zu senken und die Verdauungsgesundheit zu fördern.
Kimchi
Kimchi ist eine koreanische Beilage aus gesalzenem und fermentiertem Gemüse, häufig Chinakohl oder koreanischer Rettich. Kimchi enthält viel Vitamin C, was für die Kollagenproduktion verantwortlich ist, und die Fermentation unterstützt die Darmgesundheit.
Misopaste
Misopaste wird aus fermentierten Sojabohnen hergestellt. Sie enthält viele Vitamine und Mineralien und kann die Verdauung verbessern und Blähungen lindern.
Natto
Natto ist ein traditionelles japanisches Frühstücksgericht, das aus fermentierten Sojabohnen mit dem Bakterienstamm Bacillus subtilis besteht. Laut dem nationalen Krebsinstitut kann der Genuss großer Mengen Natto das Sterberisiko senken.
Tempeh
Tempeh ist ein traditionelles indonesisches Lebensmittel, das aus fermentierten Sojabohnen hergestellt wird. Es ist eine vollständige Quelle für pflanzliches Eiweiß, liefert präbiotische Fasern und bietet eine breite Palette an Vitaminen und Mineralien.
Flüssiges Schweinefutter
Takahashi arbeitete mit Forschenden der Regierung, von Universitäten und nationalen Forschungsinstituten zusammen, um ein milchsäurevergorenes, flüssiges Schweinefutter zu entwickeln.
Fehlersuche
Nach einigen Versuchen schuf Takahashi eine weiße, wässrige joghurtähnliche Substanz, die sich bis zu 10 Tage lang ungekühlt hält. Der Herstellungsprozess des Ökofutters soll für 70 % weniger Treibhausgasemissionen verantwortlich sein.
Das Japan Food Ecology Center
Das Japan Food Ecology Center befindet sich in der Stadt Sagamihara in der Präfektur Kanagawa. Laut Besucherberichten riecht es in der Müllverarbeitungsanlage ähnlich wie in einem Smoothieladen.
Das Japan Food Ecology Center
Jedes Jahr besuchen 1.500 Menschen, von Grundschülern bis zu Rentnern, das Zentrum, um mehr über Lebensmittelrecycling herauszufinden.
Wie viel Müll wird im Zentrum verarbeitet?
In der Einrichtung werden etwa 40 Tonnen Lebensmittelabfälle pro Tag verarbeitet, die von Supermärkten, Kaufhäusern und Massenproduzenten angeliefert werden.
Wie viel Müll wird im Zentrum verarbeitet?
Die Hersteller von verderblichen Lebensmitteln wie abgepacktem Mittagessen, die die 55.657 Lebensmittelgeschäfte Japans versorgen, müssen zusätzliche Mengen liefern. "Die Bedeutung, die der Vermeidung von Umsatzeinbußen beigemessen wird, bedeutet, dass große Mengen an Lebensmittelabfällen zur Routine geworden sind", so Takahashi.
Wie wird das Ökofutter hergestellt?
Chargen des Ökofutters werden sorgfältig auf ihren Kalorien- und Nährstoffgehalt abgestimmt, wobei die verschiedenen Materialien nicht wahllos kombiniert, sondern gezielt gemischt werden. Das Futter wird gehackt und zerkleinert, so dass ein flüssiges Produkt entsteht. Anschließend wird es sterilisiert und in riesige Tanks gefüllt, wo die Fermentation stattfindet.
Ein maßgeschneidertes Produkt
Das Ökofutter lässt sich auf die Bedürfnisse der Schweine anpassen. Um die Fett- oder Muskelmasse zu steigern, kann zusätzlich Lysin oder andere Aminosäuren zugesetzt werden.
Biogas
Takahashi hat auch begonnen, Biogas aus den Lebensmittelresten herzustellen, die aufgrund ihres hohen Fett-, Salz- oder Ölgehalts nicht an die Schweine verfüttert werden können. Die Reste werden in großen Tanks mit Wasser vermischt und zur Gärung erhitzt. Dabei entsteht Methan, das in Strom verwandelt wird, den Takahashi ins Netz einspeist.
Vollständiger Kreislauf
Takahashi bietet für Studierende, Forschende und Führungskräfte aus der Industrie Touren durch das Japan Food Ecology Center an. Am Ende eines Besuchs ermutigt er die Gäste sich von der Qualität des Schweinefleischs zu überzeugen. Das Schweinefleisch wird nach Tonkatsu-Art serviert, dazu gibt es Reis und Salat aus demselben Betrieb.
Die Methode lässt sich beliebig nachstellen
Takahashis Ziel ist, die "Gesellschaft zu verändern", weshalb er kein Patent auf die Technik angemeldet hat, damit andere seine Methode nachbauen können.
Quellen: (BBC) (Boy Genius Report)
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