Deutschlands Antisemitismus-Resolution und die öffentliche Debatte
Angst vor Verletzungen grundlegender Menschenrechte
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Resolution zur Bekämpfung des Antisemitismus
Der Deutsche Bundestag hat einer umstrittenen Resolution zur Bekämpfung des Antisemitismus zugestimmt, die von zivilgesellschaftlichen Organisationen, jüdischen Intellektuellen und Rechtsexperten aktiv abgelehnt wurde.
Definition von Antisemitismus
Nach monatelangen Verhandlungen hinter verschlossenen Türen knüpft die Resolution, die erstmals nach den Anschlägen vom 7. Oktober vorgeschlagen wurde, öffentliche Mittel an die Unterstützung von Projekten, die sich mit der Antisemitismus-Definition des Bundestags auseinandersetzen.
BDS-Bewegung
Der Bundestag bekräftige seinen Beschluss, "sicherzustellen, dass keine Organisationen und Projekte finanziell gefördert werden, die Antisemitismus verbreiten, das Existenzrecht Israels in Frage stellen, die zum Boykott Israels aufrufen oder die die BDS-Bewegung aktiv unterstützen".
Angst und Zensur
Diese Maßnahme hat in der deutschen Gesellschaft ein Gefühl der Angst und Zensur erzeugt. Kulturelle und akademische Institutionen haben Angst, sich zu Menschenrechtsfragen im Zusammenhang mit Israels Aggressionen im Nahen Osten zu äußern.
Deutsche Geschichte
Die Geschichte des Antisemitismus in Deutschland ist bedeutsam. Die Nation muss sicherstellen, dass Maßnahmen zum Schutz des Lebens und der Würde des jüdischen Volkes vorhanden sind.
Allensbach-Institut
Im Jahr 2022 führte das Allensbach-Institut eine Umfrage zur Einstellung der Gesellschaft gegenüber jüdischen Menschen durch und stellte fest, dass Antisemitismus in der deutschen Mehrheitsgesellschaft "tief verwurzelt" ist.
Ganz rechts hegt Antisemitismus
Die jüngste Resolution konzentriert sich vor allem auf die Einstellungen von muslimischen Gemeinschaften in Deutschland, besonders von denen, die Pro-Palästina-Ansichten vertreten. Laut dem Allensbach-Institut haben jedoch die rechtsextremen Gruppen die meisten antisemitischen Einstellungen.
Alternative für Deutschland (AfD)
Die Studie ergab, dass WählerInnen der rechtsextremen Partei Alternative für Deutschland (AfD) häufiger antisemitische Ansichten vertreten als jede andere politische Gruppen.
Unterscheidung zwischen einer Religion und einem Staat
Die Umfrage zeigt, dass muslimische Gemeinschaften im Allgemeinen in der Lage sind, zwischen einer Religion und dem politischen Verhalten eines Staates zu unterscheiden. Der Bundestag macht diese Unterscheidung jedoch nicht.
Internationale Allianz zum Holocaust-Gedenken
Der Deutsche Bundestag sieht Kritiken von Einzelpersonen, Institutionen und Organisationen an Israel grundsätzlich als antisemitisch an. Dies basiert auf einer umstrittenen Definition von Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA).
Kritik an der israelischen Regierung mit Antisemitismus gleichsetzen
Unterstützung von einigen Organisationen
Der Vorschlag wurde von den bedeutendsten jüdischen und israelischen Organisationen Deutschlands unterstützt, darunter dem Zentralrat der Juden in Deutschland und der Deutsch-Israelischen Gesellschaft.
Amnesty International Deutschland
Auf der Website von Amnesty International heißt es: "Amnesty International begrüßt ausdrücklich das Ziel, Maßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus und Rassismus und zum Schutz jüdischen Lebens in Deutschland auf den Weg zu bringen. Die heute verabschiedete Resolution verfehlt dieses Ziel jedoch nicht nur, sie lässt schwerwiegende Verletzungen von Grund- und Menschenrechten sowie Rechtsunsicherheit befürchten."
Verstärkt Zensur und Spaltung
Die Organisation argumentiert außerdem, dass Maßnahmen wie diese Zensur und Spaltung verstärken, anstatt sich aktiv mit den Bedingungen zu befassen, die in Deutschland und anderswo zu Antisemitismus führen.
Die Grünen
Die Grünen argumentieren, dass die Resolution darauf abzielt, legitime Kritik an der Politik und den Handlungen der israelischen Regierung als antisemitisch darzustellen und Diskussionen über Verstöße gegen das Völkerrecht zu verhindern.
Die Sozialdemokraten
Die deutschen Sozialdemokraten (SPD) schließen sich der Position der Grünen an und argumentieren, dass diese Maßnahme ebenfalls einen Verstoß gegen das deutsche Verfassungsrecht darstelle.
BDS als antisemitisch
Im Jahr 2019 verabschiedete der Bundestag einen unverbindlichen Beschluss, in dem er die BDS-Bewegung als antisemitisch bezeichnete, doch seine Recherchedienstgruppe befand den Inhalt für verfassungswidrig, was von mehreren Gerichten bestätigt wurde.
Verwaltungsanleitung
Doch die Resolution von 2019 bildet sowohl die Grundlage für die jüngste Maßnahme als auch eine Form der administrativen Orientierung und schürt Angst, die zu Selbstzensur führt.
Wird von Strafverfolgungsbehörden verwendet
Auch wenn es eher unwahrscheinlich ist, dass die Gesetze, die mit der Resolution von 2019 verbunden sind, tatsächlich in Kraft treten, nutzen Strafverfolgungsbehörden sie bereits, um strenge Maßnahmen durchzusetzen.
Meinungsfreiheit
Die Debatten über die Meinungsfreiheit in Deutschland sind weit verbreitet, und diese Entschließung trägt weiter zu diesen Diskussionen bei.
Jüdische Intellektuelle
Im August 2024 veröffentlichten 150 in Deutschland lebende jüdische Intellektuelle einen offenen Brief, in dem sie ihre Ablehnung der Vermischung von Israelkritik und Antisemitismus durch die Bundesregierung zum Ausdruck brachten.
Gefährdet das Leben jüdischer Menschen
Die UnterzeichnerInnen des Briefes sagen, dass die enge Verbindung zwischen dem jüdischen Volk insgesamt und der israelischen Regierung nicht nur das Leben der jüdischen Menschen in Deutschland gefährdet, sondern auch eine antisemitische Aussage ist.
Entmenschlichung
Die UnterzeichnerInnen sagen, dass zwar viel getan wird, um auf Minderheiten aufmerksam zu machen, indem man das jüdische Volk mit dem israelischen Staat gleichsetzt. Aber die PalästinenserInnen und ihre UnterstützerInnen als die Hauptverursacher von Antisemitismus in Deutschland zu bezeichnen, sei eine Entmenschlichung.
Deutsche rechtsextreme Bewegungen
Gleichzeitig wird die größte historische und gegenwärtige Bedrohung für jüdisches Leben in Deutschland kaum erwähnt: die rechtsextremen Bewegungen in Deutschland.
Rechtsextreme Taktiken
Einige argumentieren, dass es problematisch ist, die Unterstützung des Staates an die Bedingung zu knüpfen, dessen Überzeugungen zu teilen. Diese Praxis könnte den Taktiken der Rechtsextremen ähnlich sein.
Yuval Abraham
Im November 2024 wurde der israelische Journalist Yuval Abraham, Co-Regisseur von "No Other Land", einem Film über Israels international anerkannte illegale Besetzung des Westjordanlandes, von der Stadt Berlin des Antisemitismus beschuldigt.
Rechtliche Schritte
Abraham, ein jüdischer Israeli und Nachkomme von Holocaust-Überlebenden, erklärte, dass er rechtliche Schritte gegen den Versuch Deutschlands einleiten werde, Kritik an Israel zum Schweigen zu bringen.
Kritik an Israel als Stellvertreter
Antisemitismus bleibt ein großes Problem in Deutschland. Doch Kritik an Israel wird oft als Ersatz für das eigentliche Problem genutzt, wodurch auch jüdische Gemeinden und Israelis, die die israelische Regierung kritisieren, kriminalisiert werden.
Kriminiert Menschen aus der MENA-Region
Obwohl die neueste Resolution nicht bindend ist, beeinflusst sie sowohl das Straf- als auch das Einwanderungsrecht und führt zu flächendeckendem Rassismus gegenüber Menschen aus dem Nahen Osten und Nordafrika, ohne dabei der einheimischen rechten Bewegung entgegenzutreten.
Quellen: (DW) (Human Rights Watch) (Haaretz) (CNN) (Al Jazeera) (Bundestag)
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