Stille Not: Die Warnsignale häuslicher Gewalt, die wir nicht sehen
Häusliche Gewalt ist ein komplexes Thema, das in jeder Gemeinschaft vorkommt
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LIFESTYLE Missbräuchliche beziehungen
Häusliche Gewalt kann jeden treffen – eine Nachbarin, Kollegin, ein Familienmitglied oder eine Freundin. Und obwohl Frauen häufiger betroffen sind, dürfen wir nicht übersehen, dass auch Männer Opfer häuslicher Gewalt werden können und nicht selten in toxischen Beziehungen gefangen sind. Trotz der breiten Diskussion in der Öffentlichkeit und der Darstellung in den Medien gibt es nach wie vor viele Mythen und Missverständnisse zu diesem Thema. Diese Fehlinformationen erschweren es den Betroffenen oft, zu erkennen, wann sie missbraucht werden oder wann es Zeit ist, Hilfe zu suchen.
Das fehlende Bewusstsein führt zudem häufig dazu, dass selbst enge Bezugspersonen wichtige Warnsignale übersehen und nicht erkennen, dass jemand in ihrem Umfeld Unterstützung benötigt. Um das komplexe Thema häuslicher Gewalt besser zu verstehen, werfen Sie einen Blick in die folgende Galerie.
Es ist nicht leicht, zu gehen
Überlebende fürchten möglicherweise um ihre Sicherheit oder die Sicherheit ihrer Kinder und anderer nahestehender Personen, wenn sie eine missbräuchliche Beziehung verlassen.
Liebe kann es schwieriger machen, die Beziehung zu verlassen
Wie jede andere Beziehung beginnt auch eine, die später von Missbrauch geprägt sein wird, mit Liebe und Zuneigung. Missbrauch zeigt sich selten von Anfang an, sondern entwickelt sich schleichend. Wenn die Beziehung erst einmal gefestigt ist, wird es oft umso schwieriger, sich daraus zu lösen.
Häusliche Gewalt ist nicht immer mit körperlicher Gewalt verbunden
Häusliche Gewalt kann sich auch in Form von Zwangskontrolle, psychischem oder emotionalem Missbrauch, sexueller Gewalt, finanziellem Missbrauch, Belästigung, Stalking oder digitalem Missbrauch äußern.
Alkohol und Drogen sind keine Entschuldigung
Auch wenn Substanzmissbrauch oft mit häuslicher Gewalt in Verbindung steht, liegt die Verantwortung immer beim Täter. Sucht oder Beeinträchtigung können eine Situation verschärfen, aber sie rechtfertigen niemals Gewalt. Die Verantwortung für den Missbrauch trägt immer die Person, die ihn ausübt.
Es geht darum, andere zu kontrollieren
Missbrauchstäter werden nicht gewalttätig, weil sie die Kontrolle über sich selbst verlieren, sondern weil sie Gewalt anwenden, um die Kontrolle über andere zu erlangen.
Häusliche Gewalt ist weit verbreitet
Unabhängig von Bildung, Familienstand, Religion, Sexualität oder Geschlecht kann häusliche Gewalt in jeder Beziehung vorkommen.
Kinder leiden mit
Wenn ein Kind Zeuge häuslicher Gewalt wird, handelt es sich um Kindesmisshandlung. Und die Auswirkungen sind traumatisch und lang anhaltend.
Auch Frauen können Täterinnen sein
Menschen aller Geschlechter und sexuellen Orientierungen erleben Missbrauch. Männer und LGBTQ+-Personen neigen weniger dazu, Missbrauch zu melden oder Hilfe zu suchen, teilweise weil viele Angebote gegen häusliche Gewalt auf heterosexuelle Frauen ausgerichtet sind.
Es geht nicht um Provokation
Die Behauptung, dass die misshandelte Person den oder die TäterIn provoziert hat, ist gefährlich, da sie die Verantwortung auf das Opfer abwälzt. Missbrauch oder Gewalt in jeglicher Form sind niemals die Schuld des Opfers.
Menschen ziehen keine MissbrauchstäterInnen an
Zu behaupten, jemand ziehe missbräuchliche PartnerInnen an oder suche sie gezielt aus, ist eine Schuldzuweisung an das Opfer. Keine persönliche Vorgeschichte kann das Verhalten von TäterInnen erklären oder rechtfertigen.
Häusliche Gewalt kann töten
In einigen Fällen führt häusliche Gewalt tragischerweise zum Tod. Partnerschaftsbezogene Tötungsdelikte sind die häufigste Form von Gewaltverbrechen im häuslichen Umfeld, wobei Frauen besonders oft betroffen sind.
Es gibt keinen "Persönlichkeitstyp" für häusliche Gewalt
Menschen mit den unterschiedlichsten Persönlichkeitsmerkmalen erleben und begehen häusliche Gewalt. Häusliche Gewalt kann bei selbstbewussten, schüchternen, introvertierten oder extrovertierten Menschen vorkommen. Bei Missbrauch geht es um Macht und Kontrolle, nicht um die Ausnutzung eines bestimmten Persönlichkeitstyps.
Falsche Anschuldigungen wegen häuslicher Gewalt sind extrem selten
Zu glauben, dass Menschen über häusliche Gewalt lügen, ist äußerst schädlich, da die Angst, als LügnerIn bezeichnet zu werden, viele davon abhält, den Missbrauch zu melden.
Häusliche Gewalt ist nicht immer offensichtlich
Da häusliche Gewalt oft im Verborgenen stattfindet, fühlen sich Überlebende häufig dafür verantwortlich, den Missbrauch zu verbergen. TäterInnen können ihre PartnerInnen auch unter Druck setzen und sie dazu bringen, ihre Wahrnehmung der Realität in Frage zu stellen und zu bezweifeln, dass sie die Gewalt tatsächlich erlebt haben.
Häusliche Gewalt ist ein soziales Problem
Häusliche Gewalt kommt jeden Tag überall auf der Welt vor und betrifft vor allem Frauen aller Altersgruppen, Schichten und Hintergründe. Wenn häusliche Gewalt als "private Familienangelegenheit" bezeichnet wird, wird das Problem verharmlost.
MissbrauchstäterInnen sind nicht unbedingt psychisch krank
Missbrauch und Gewalt sind eine Entscheidung, und es gibt keine Entschuldigung dafür. Häusliche Gewalt geschieht unabhängig von der psychischen oder physischen Gesundheit.
Einige Bevölkerungsgruppen sind stärker gefährdet als andere
Studien haben ergeben, dass Transgender-Frauen besonders anfällig für häusliche Gewalt sind. Erschwerend kommt hinzu, dass sie häufig diskriminiert und stigmatisiert werden, und zwar sowohl von den TäterInnen als auch von potenziellen Unterstützungssystemen.
Wer in der Kindheit Missbrauch erlebt, wird nicht automatisch selbst missbräuchlich
Häusliche Gewalt ist in der Gesellschaft weit verbreitet, und deshalb sind viele Menschen mit häuslicher Gewalt aufgewachsen. Das bedeutet aber nicht, dass sie in ihren eigenen Beziehungen häusliche Gewalt ausüben werden.
Sie sind nicht in allen ihren Beziehungen gewalttätig
TäterInnen können sich nach außen hin ganz anders präsentieren. Teil ihrer Strategie ist es oft, ein positives öffentliches Image zu pflegen, was es für das Opfer besonders schwierig macht, Gehör zu finden und ernst genommen zu werden.
Selbstverteidigung ist kein Missbrauch
Eine Reaktion durch Schreien, Brüllen, Zurückschlagen oder Verteidigen ist keine Misshandlung, unabhängig davon, wie der oder die TäterIn dabei verletzt wird. Häusliche Gewalt ist ein Verhaltensmuster, das kontrollierend oder zwanghaft ist. Darauf zu reagieren, dass man missbraucht wird, ist nicht dasselbe.
Love Bombing ist Manipulation
Opfer häuslicher Gewalt haben möglicherweise Phasen der Beziehung erlebt, in denen sie mit übermäßiger Zuneigung überschüttet wurden, auch bekannt als "Love Bombing". Dazu gehören intensive Aufmerksamkeit, manchmal Geschenke und Versprechungen einer Verhaltensänderung durch die missbrauchende Person. Diese Taktiken sind darauf ausgelegt, die betroffene Person zu beeinflussen und zu manipulieren, um sie zu kontrollieren.
Paarberatung ist nicht die Lösung
Die Paarberatung basiert auf der Annahme, dass beide Personen ähnliche Ziele und Vorstellungen haben. In den Beratungssitzungen tragen beide gemeinsam die Verantwortung für die Beziehung. In einer Situation häuslicher Gewalt liegt jedoch die Verantwortung für das gewalttätige Verhalten bei der missbrauchenden Person.
Häusliche Gewalt und ihre Auswirkungen
Abgesehen von den körperlichen Schäden können die Auswirkungen häuslicher Gewalt lang anhaltend sein und die emotionale und geistige Gesundheit der Überlebenden beeinträchtigen und schädigen.
Ein psychischer Tribut
Der schwere emotionale und psychische Tribut, den häusliche Gewalt fordert, kann bei den Überlebenden zu Depressionen, Isolation und Schamgefühlen führen.
Geistige und körperliche Gesundheit
Einige Studien zeigen, dass Überlebende von Missbrauch oft unter Angstzuständen leiden, eine erhöhte Rate an PTBS haben und häufiger von chronischen Schmerzen sowie körperlichen Beeinträchtigungen betroffen sind. Zudem können sie vermehrt unter Panikattacken, Albträumen und einem starken emotionalen Rückzug leiden.
Die harte Wahrheit über häusliche Gewalt
Die langfristigen Auswirkungen häuslicher Gewalt auf die Überlebenden können lebensverändernd sein und ihre zukünftigen Beziehungen, Lebensentscheidungen und Karrieren beeinträchtigen.
Heilung von häuslicher Gewalt
Der Weg zur Genesung ist zwar nicht einfach, aber er ist machbar und nachhaltig. Die Zusammenarbeit mit einer psychosozialen Fachkraft kann den Überlebenden helfen, neue Wege zur Bewältigung ihres Traumas zu finden.
Sicherheitspläne
Eine qualifizierte psychosoziale Fachkraft kann nicht nur bei der Bewältigung der psychischen Belastungen helfen, sondern Überlebende auch dabei unterstützen, Sicherheitspläne für eine Trennung von ihren TäterInnen zu entwickeln. Zudem werden sie während des gesamten Prozesses mit wichtigen Ressourcen und Begleitung versorgt.
Quellen: (Verywell Mind) (Women's Aid) (National Domestic Violence Hotline)
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