Die Arbeit vergessen: Könnte die Technologie aus "Severance" bald Realität werden?
Die Wissenschaft hinter der Trennung von Arbeit und Privatleben

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LIFESTYLE Neurowissenschaft
Die erfolgreiche Apple TV+ Serie "Severance" hat das Publikum mit ihrer erschreckenden Prämisse in ihren Bann gezogen – die Trennung von Arbeits- und Privatleben durch die Schaffung völlig unterschiedlicher Versionen von sich selbst. Stellen Sie sich vor, Sie verlassen jeden Tag das Büro ohne Erinnerungen an Ihre Arbeit und kommen am nächsten Tag an, ohne etwas über Ihr Privatleben zu wissen. Es ist ein dystopisches Konzept, das sowohl beunruhigend als auch faszinierend ist. Doch was, wenn diese Sci-Fi-Idee näher an der Realität liegt, als wir denken?
Der wissenschaftliche Berater der Serie enthüllte, dass der in "Severance" dargestellte Eingriff nicht völlig erfunden ist – er basiert auf realer Wissenschaft. Mit dem rasanten Fortschritt der Neurotechnologie könnten wir bald vor der Möglichkeit stehen, unser Arbeits- und Privatleben tatsächlich zu trennen. Aber wäre das wirklich eine gute Idee?
Klicken Sie weiter, um mehr über das Verfahren, seine möglichen Vorteile und die Fragen zu erfahren, die es für unsere Zukunft aufwirft.

Handlung
Die Thriller-Serie "Severance" präsentiert eine dystopische Welt, in der ArbeiterInnen einem Verfahren unterzogen werden, das ihre Erinnerungen in zwei unterschiedliche Leben aufteilt: eines für die Arbeit und eines für ihr Privatleben.

Doppelt sehen
Bei diesem mysteriösen Verfahren mit dem treffenden Namen "Severance", zu Deutsch: "Trennung", werden die Erinnerungen einer Person – und damit auch ihre Identität – gespalten, sodass zwei unterschiedliche Persönlichkeiten im selben Körper entstehen.

Die Version außerhalb der Arbeitswelt
Eine Persönlichkeit, der persönliche "Outie", existiert außerhalb der Arbeit ...

Die Arbeiter-Version
... während innerhalb des Unternehmens der professionelle "Innie" übernimmt.

Gut oder schlecht?
Der Innie hat keine bewusste Erinnerung an das Leben des Outie, der wiederum nur außerhalb der Arbeit existiert und keine Erinnerung daran hat, was sein Innie während seines Nine-to-five-Jobs getan hat.

Suche nach Work-Life-Balance
Da das Burnout-Problem immer größer wird, ist das Konzept, Arbeit und Privatleben zu trennen – sei es durch Technologie oder Realitätsflucht – immer wichtiger geworden. Deshalb kommt die Serie beim modernen Publikum gut an.

"Serverance" im echten Leben?
Während das genaue Verfahren aus "Severance" noch immer fiktiv ist, basieren viele der in der Serie untersuchten Technologien auf echten wissenschaftlichen Prinzipien und könnten der Realität näher sein, als wir denken.

Ist das wirklich möglich?
Der wissenschaftliche Berater der Show, Dr. Vijay Agarwal, verrät, dass das dargestellte Verfahren nicht völlig unmöglich sei.

Wir kommen dem Ganzen näher
Er betont, dass die Wissenschaft in der Serie auf echter Logik beruht. "Ich glaube, wir fangen gerade erst an, das Potenzial des Gehirns zumindest teilweise zu erschließen, und wir werden in naher Zukunft wahrscheinlich große Fortschritte bei der Veränderung des Gehirns und seiner Funktionen erleben", sagt er.

Computergehirn
Dr. Agarwal vergleicht das Gehirn mit einem komplexen Computer. Durch die Veränderung seiner elektrischen Eingangssignale können wir möglicherweise seine Funktionen modifizieren, ähnlich wie wir Programme ein- oder ausschalten.

Gehirnimplantate
Fortschritte in der Neurochirurgie, wie das Implantieren von Elektroden zur Stimulation bestimmter Bereiche des Gehirns, werden bereits zur Behandlung von Erkrankungen wie Parkinson eingesetzt.

Neurotechnologischer Fortschritt
Agarwal weist darauf hin, dass in den letzten Jahren in der Neurowissenschaft und verwandten Technologien bedeutende Fortschritte erzielt wurden, darunter mit dem Neuralink-Chip von Elon Musk und Synchron.

Gehirnveränderungen
Diese Technologien teilen das Gehirn zwar nicht in zwei Hälften, es werden aber Chips implantiert, die darauf ausgelegt sind, Funktionen im Gehirn zu "modifizieren, zu verbessern oder zu ersetzen".

Miteinander verbinden
"Diese Technologien nennt man Brain-Computer-Interface (zu Deutsch: "Gehirn-Computer-Schnittstelle")", erklärt Agarwal.

Verbindung zwischen Gehirn und Gerät
Sie ermöglichen eine direkte Kommunikation zwischen dem Gehirn und externen Geräten, und jahrzehntelange Forschung hat mittlerweile zu erfolgreichen Implantationen geführt.

Im Gange
Synchron wurde 2012 in Australien vom Neurowissenschaftler Thomas Oxley und dem Biomedizintechniker Nick Opie gegründet und implantierte im August 2019 in Melbourne seine erste Gehirn-Computer-Schnittstelle in einen Menschen.

Sprachmodelle
Das Unternehmen kündigte an, dass es im Jahr 2024 mit der Integration künstlicher Intelligenz in seine Gehirn-Computer-Schnittstelle beginnen werde.

Bahnbrechend
Diese Integration, sagt Oxley, wird PatientInnen, die nicht mehr sprechen oder ihre Hände benutzen können, erheblich helfen, da sie wieder in Gesprächsgeschwindigkeit kommunizieren können.

Jetzt zu den Gefühlen
Sie gehen aber noch einen Schritt weiter und bringen Emotionen ins Spiel. "Wenn man jemandem antwortet, fühlt man meist schon etwas, bevor die Worte herauskommen", erklärt Oxley. "Wir haben eine Ebene geschaffen, auf der der Nutzer eine emotionale Kategorie für seine Antwort auswählen kann."

Elektrische Reize
NeurochirurgInnen erforschen bereits Möglichkeiten, bestimmte Hirnregionen mit elektrischen Strömen zu stimulieren. Durch die Implantation von Elektroden stimulieren und verändern sie die Gehirnfunktionen. Diese Technik wird als Behandlungsmethode bei Drogenmissbrauch, psychischen Störungen und sogar Fettleibigkeit untersucht.

Erinnerungen neu verknüpfen
Diese Implantate stimulieren Bereiche wie den medialen Temporallappen, der für die Verknüpfung von Emotionen mit Gedächtnis und Lernen verantwortlich ist.

Die Dinge miteinander verbinden
Da die Ergebnisse in diesen Fällen positiv waren und eine Veränderung der Gedächtnisverarbeitung im Gehirn zu Verhaltens- oder Persönlichkeitsänderungen führen kann, stellt sich die Frage, ob dies auch bei der "Trennung" funktionieren könnte – also, wenn wir ein Gehirn für die Arbeit und ein anderes für unser Privatleben hätten.

Gespaltenes Gehirn?
Berichten zufolge gibt es seit den 1940er Jahren "Split-Brain"-Operationen, bei denen WissenschaftlerInnen die rechte und die linke Gehirnhälfte operativ trennten, um zu sehen, ob das Bewusstsein des Patienten bzw. der Patientin "geteilt" oder "verdoppelt" werden könnte.

Beeindruckende Ergebnisse
Die Forschung zeigte, dass diese PatientInnen Informationen oft unterschiedlich in beiden Gehirnhälften verarbeiten konnten, was zu "doppeltem Bewusstsein" oder zwei Gehirnhälften in einem Kopf führte.

Gute Idee?
Angesichts der steigenden Popularität der Show scherzten viele ZuschauerInnen online darüber, dass dieses "Severance"-Verfahren doch auch in Wirklichkeit interessant wäre. Aber wäre es wirklich eine gute Idee, Arbeit und Privatleben komplett zu trennen?

Arbeitsstress abbauen
Die Psychologin Dr. Jade Thomas glaubt, dass der Eingriff Vorteile bieten könnte, etwa eine Verbesserung des Soziallebens und der psychischen Gesundheit durch die Beseitigung von toxischem Arbeitsstress.

Persönliche Auswirkungen auf das Leben
"Viele von uns haben Probleme mit der Work-Life-Balance, weil wir ständig E-Mails oder Nachrichten abrufen, was Auswirkungen darauf hat, wie präsent wir in unserem Privatleben sind", erklärt sie.

Gesundes Gleichgewicht
Sie ist jedoch skeptisch, ob eine Trennung wirklich eine gute Idee wäre. "Es geht nicht unbedingt darum, die Zeit perfekt 50/50 zwischen Arbeit und Privatleben aufzuteilen, sondern darum, in beiden Bereichen zufrieden zu sein", erklärt Dr. Thomas.

Kontrollverlust
Die Serie kritisiert das Verfahren und zeigt, dass es gefährlich sein könnte, sich völlig von der Arbeit abzukoppeln. Denn bei "Severance" besteht die Gefahr, dass die MitarbeiterInnen für unethische oder sogar schädliche Tätigkeiten eingesetzt werden, ohne sich daran zu erinnern, wenn sie das Büro verlassen.

Gefahren der Abkopplung
Eine Studie aus dem Jahr 2021 zeigte, dass ArbeitnehmerInnen, die ihre Arbeit als "sinnlos" empfanden, häufiger unter Depressionen und Angstzuständen litten. Daher ist es unwahrscheinlich, dass eine Trennung der Arbeitserinnerungen zu mehr Glück führt.
Quellen: (Dazed Digital) (Wired) (Forbes Australia) (NPR)
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