Die komplizierte Vergangenheit zweier Nationen: Hintergründe zum Konflikt zwischen Indien und Pakistan
Religiöse Trennung, umkämpfte Gebiete und nukleare Spannungen

© <p>Shutterstock</p>

LIFESTYLE Südasien
Seit der Unabhängigkeit im Jahr 1947 bestehen zwischen Indien und Pakistan Spannungen, die tief in einer religiösen und politischen Spaltung begründet liegen. Pakistan wurde als Land für Muslime gegründet, während sich Indien für eine säkulare Entwicklung und damit für seine vielfältigen Glaubensrichtungen entschied. Die Gemüter haben sich nach einem Angriff im von Indien verwalteten Kaschmir erneut erhitzt. Es kam zu Gefechten über die Grenze hinweg und einer starken Beschränkung der diplomatischen Beziehungen der beiden Länder. Beide sind Atommächte, sodass die Angst über einen ausufernden Konflikt groß ist.
Wollen Sie mehr darüber erfahren, welche gemeinsame Geschichte die Nachbarländer haben und was sie voneinander trennt? Dann klicken Sie weiter.

Ursprung des Konflikts zwischen Indien und Pakistan
Der Konflikt zwischen Indien und Pakistan geht auf die Teilung von Britisch-Indien im Jahr 1947 zurück, woraus das muslimisch dominierte Pakistan und das hinduistisch dominierte Indien entstanden. Dem Bundesstaat Jammu und Kaschmir, eine vielfältige Region, wurde die Wahl zum Beitritt eines der beiden Staaten gelassen, was die Grundlage für die andauernden Konflikte bildete.

Kaschmirs Weg zum Beitritt
Der Maharaja von Kaschmir, Hari Singh, wollte aufgrund der Vernachlässigung der Region unter verschiedenen Herrschern in der Geschichte die Unabhängigkeit. Als jedoch pakistanische Hirten in das Gebiet eindrangen, wandte er sich für militärische Unterstützung an Indien, was den Ersten Indisch-Pakistanischen Krieg von 1947–48 auslöste.

Das Karachi-Abkommen von 1949
Das Karachi-Abkommen von 1949 setzte der Gewalt in Jammu und Kaschmir mit einer Waffenstillstandslinie zeitweise ein Ende. Diese Linie wurde von einer UN-Mission überwacht, um sicherzustellen, dass in der umkämpften Region Frieden herrschte.

Eskalierende Konflikte: Kriege von 1965 und 1971
Die Spannungen brachen sich nach Grenzscharmützeln 1965 ihren Weg in einen Krieg. 1971 gerieten Indien und Pakistan erneut aneinander, dieses Mal ging es um Ostpakistan, als indische Streitkräfte Ostpakistan halfen, die Unabhängigkeit zur erlangen, was zur Gründung des heutigen Bangladesch führte.

Das Shimla-Abkommen: Neue Grenzen für Kaschmir
1972 bemühten sich Indien und Pakistan um bessere Beziehungen mithilfe des Shimla-Abkommens, das die Waffenstillstandslinie in "Line of Control" (dt. "Kontrolllinie") umbenannte. Diese zeitweise Militärgrenze teilte Kaschmir in zwei Verwaltungszonen.

Der Wettlauf um Atomwaffen
Der Konflikt zwischen Indien und Pakistan geriet 1974 in eine heiße Phase, als Indien seine ersten Atomwaffentests durchführte und so den Wettlauf um Nuklearwaffen einläutete. Zwei Jahrzehnte später gelang Pakistan ebenfalls dieser Meilenstein, was die Gefahr zukünftiger Konfrontationen verschärft.

Pakistans Rolle im kaschmirischen Widerstand
Im Jahr 1989 unterstützte Pakistan eine wachsende Widerstandsbewegung im von Indien verwalteten Kaschmir gegen die indische Herrschaft. Diese Einmischung entzündete die langjährigen Spannungen erneut und stellte den Anfang von Jahrzehnten ziviler Unruhen und Gewalt in der Region dar.

Vom Kargil-Krieg zu andauernden Grenzstreitigkeiten
Obwohl Pakistan und Indien die Kontrolllinie 1999 bestätigten, brach nach deren Überquerung von einem pakistanischen Soldaten der Kargil-Krieg aus. Trotz eines fragilen Waffenstillstands seit 2003 kommen Gefechte über die Grenze hinweg häufig vor, wobei sich beide Länder gegenseitig vorwerfen, mit der Gewalt begonnen zu haben.

Angriffe auf Mumbai 2008
2008 eskalierten die Spannungen zwischen Indien und Pakistan, nachdem militante Gruppen Mumbai angriffen und innerhalb von drei Tagen 166 Menschen töteten, davon sechs US-Amerikaner. Indien und die USA beschuldigten die in Pakistan ansässige Gruppe Lashkar-e-Taiba für den Angriff. Die Gruppierung wird mit dem pakistanischen Geheimdienst ISI in Verbindung gebracht.

Ein Hoffnungsschimmer für die Beziehungen zwischen Indien und Pakistan
2014 keimte Hoffnung auf Frieden auf, als der frisch gewählte indische Premierminister Narendra Modi den pakistanischen Premierminister Nawaz Sharif zu seiner Amtseinführung einlud.

Der Optimismus wandelt sich schnell ins Gegenteil
Aber die Hoffnungen auf Frieden hielten 2014 nur kurz an, denn Indien sagte Gespräche mit dem pakistanischen Außenminister ab. Die Entscheidung folgte auf ein Treffen zwischen dem pakistanischen Hochkommissar in Indien und kaschmirischen Separatistenführern, was die Spannungen zwischen den beiden Ländern wieder verstärkte.

Angriff in Uri und Einstellung der diplomatischen Beziehungen
Im September 2016 gerieten die Friedensbemühungen erneut ins Stocken, als Militante einen Stützpunkt der indischen Armee in Uri nahe der Kontrolllinie angriffen und beim blutigsten Angriff auf indische Streitkräfte seit Jahrzehnten 18 Soldaten töteten. Indische Beamte machten Jaish-e-Mohammad verantwortlich, eine Gruppe, die angeblich auch mit dem pakistanischen ISI verbunden ist.

Stärker werdende Auseinandersetzungen und die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung
Zwischen Ende 2016 und 2018 eskalierten die Grenzscharmützel entlang der Kontrolllinie, die Dutzende von Todesopfern forderten und Tausende von Zivilisten vertrieben. Allein im Jahr 2017 wurden mehr als 3.000 grenzüberschreitende Angriffe gemeldet, und im ersten Halbjahr 2018 wurden fast 1.000 Vorfälle registriert.

Waffenstillstände inmitten wachsender Spannungen
Nach monatelangen Kämpfen in Kaschmir erklärte Indien im Mai 2018 einen Waffenstillstand für den Ramadan, den ersten seit fast 20 Jahren. Im Juni wurden die Feindlichkeiten wieder aufgenommen, aber noch im selben Monat einigten sich Indien und Pakistan auf einen Waffenstillstand entlang der umstrittenen Grenze und bekräftigten damit ihr Abkommen von 2003.

Kaschmirs Autonomie schwindet
Im August 2019 verlegte Indien Zehntausende von Truppen nach Jammu und Kaschmir, bevor es Artikel 370 der Verfassung aufhob. Mit dieser Entscheidung wurde der Region ihr Sonderstatus entzogen, sie wurde indischen Eigentums- und Gewohnheitsrechten unterworfen und ihre Autonomie erheblich eingeschränkt.

Die Strategie der Regierung Modi
Die Aufhebung von Artikel 370 markierte einen entscheidenden Wandel in der Haltung der Regierung Modi gegenüber Kaschmir. Durch die Betonung des Hindu-Nationalismus zielte dieser Schritt darauf ab, die Region stärker in Indien zu integrieren, was eine breitere ideologische und politische Strategie widerspiegelt.

Ausgehbeschränkungen und Unterdrückung der Medien
Nach der Aufhebung von Artikel 370 wurde das von Indien verwaltete Kaschmir über ein Jahr lang abgeriegelt, Internet- und Telefondienste wurden unterbrochen und Tausende inhaftiert. In den Jahren 2022–2023 verschärfte die indische Regierung die Medienbeschränkungen und änderte die Wahlbezirke zugunsten von Gebieten mit Hindu-Mehrheit.

Zunehmende Gewalt und militärische Reaktionen
Gezielte Tötungen von Hindus haben zugenommen, was zu Protesten und Vertreibungen führte. Die Regierung von Premierminister Modi reagierte daraufhin mit einer stärkeren Militarisierung, während die tödlichen Zusammenstöße zwischen indischen und pakistanischen Streitkräften entlang der Grenze das ganze Jahr 2023 andauerten.

Eskalierende Gewalt vor dem Hintergrund der Gebietskonsolidierung
2024 ging die Gewalt in Kaschmir weiter, während Neu-Delhi stärkere Schritte unternahm, um die Kontrolle über die Region zu festigen. Es kam häufiger zu Angriffen auf indische Reisende und ArbeiterInnen, was die verstärkten Spannungen und Unruhen widerspiegelt.

Tödlicher Angriff in Kaschmir
Am 22. April 2025 nahmen Kämpfer indische TouristInnen in Kaschmir ins Visier. 25 indische und ein nepalesischer Staatsangehöriger wurden getötet. Dieses tragische Ereignis gilt als der tödlichste Terrorangriff auf indischem Boden seit den Angriffen von Mumbai im Jahr 2008.

Schuldzuweisung und Leugnung
Indien warf Pakistan vor, der Gruppe, die hinter dem Anschlag aus dem April 2025 steckt, Unterschlupf zu bieten und nahm zwei pakistanische Staatsangehörige als Verdächtige fest. Pakistan leugnete eine Beteiligung und deutete an, dass es sich um eine Operation unter falscher Flagge, also ein Täuschungsmanöver, handele, was das tiefe Misstrauen zwischen den beiden Ländern widerspiegelt.

Bekennung
Von offizieller Seite wurde zwar noch keine Gruppierung für den Angriff in Pahalgam verantwortlich erklärt, doch Kashmir Resistance, eine Untergruppierung, die mit Lashkar-e-Taiba verbunden ist, hat sich im Internet dazu bekannt. Als Reaktion darauf zerstörten die Behörden das Haus von Aadil Thoker, einem Lashkar-e-Taiba-Militanten, im Dorf Guree in Südkaschmir.

Vergeltung
Infolge des Anschlags ergriff Neu-Delhi Schritte, um die bereits fragilen Beziehungen weiter herunterzufahren, beginnend mit der Aussetzung des Indus-Wasservertrags. Pakistan warf Indien anschließend vor, plötzlich Wasser in den Fluss Jhelam zu leiten, ohne die pakistanischen Behörden darüber zu informieren.

Vergeltung
Als Reaktion auf Indiens Aussetzung des Indus-Wasservertrages warnte Pakistan davor, dass jegliche Veränderung des Wasserstroms des Indus als "kriegerische Handlung" betrachtet würde.

Vergeltung
Indien zog ein Abkommen für visumsfreie Reisen mit Pakistan zurück und schloss den Grenzübergang in Attari. Als Gegenschlag schloss Pakistan seinen Luftraum für indische kommerzielle Fluglinien, beendete ein besonderes Visumsprogramm für indische StaatsbürgerInnen und stellte den bilateralen Handel ein.

Tägliche Auseinandersetzungen und internationale Rufe nach Frieden
Seit dem Anschlag haben sich die indischen und pakistanischen Streitkräfte entlang der Kontrolllinie täglich Gefechte geliefert. Die USA und China haben beide Länder dazu gedrängt, zu deeskalieren. Die chinesische Regierung strebt eine unabhängige Untersuchung des Vorfalls an.

Militärische Drohungen und Raketentests
Infolge des Anschlags im April drohen sich Islamabad und Neu-Delhi gegenseitig militärisch. Die indische Marine führte Langstreckenraketentests durch, was eine deutliche Eskalation der Pattsituation zwischen den beiden Ländern bedeutet.

Angst vor dem drohenden Konflikt
Am 28. April 2025 gab das pakistanische Verteidigungsministerium bekannt, dass man davon ausgehe, dass ein militärischer Angriff Indiens auf pakistanisches Gebiet "unmittelbar bevorstehe". Infolgedessen begann das pakistanische Militär mit der Aufrüstung.

Sicherheitsmaßnahmen in Kaschmir
Inmitten der zunehmenden Spannungen hat Indien die Sicherheitsmaßnahmen in Kaschmir verstärkt. Nach dem Anschlag in Pahalgam haben die Behörden über 1.500 Kaschmirer festgenommen und Häuser von Menschen zerstört, die Verbindungen zu militanten Gruppen haben sollen.
Quellen: (Council on Foreign Relations) (Associated Press) (Asia Society) (Al Jazeera)
Das könnte Sie auch interessieren: Globale Sicherheit: Ein Überblick über Massenvernichtungswaffen und welche Länder sie besitzen