Kampf gegen die Internetsucht: Chinas umstrittene Behandlungszentren

"Heilung" oder eher Missbrauch?

Kampf gegen die Internetsucht: Chinas umstrittene Behandlungszentren
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vor 3 Stunden | StarsInsider

LIFESTYLE Rehabilitation

Die exzessive Online-Nutzung ist im heutigen digitalen Zeitalter ein wachsendes Problem. Doch anstelle traditioneller Therapien wählte China einen extremen Ansatz, um diese wahrgenommene Bedrohung zu bekämpfen.

In den frühen 2000er-Jahren entstand die einzigartige Branche der Behandlungszentren für Internetsucht. Diese Zentren setzten umstrittene und oft missbräuchliche Methoden ein, darunter militärische Disziplinierung und Elektrokrampftherapie, um junge Menschen von ihrem zwanghaften Online-Verhalten zu "heilen".

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Digitaler Boom
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Digitaler Boom

Chinas schnelles Wirtschaftswachstum in den frühen 2000er Jahren führte zu einem sprunghaften Anstieg der Internetnutzung. Im Jahr 2005 verfügte das Land über die weltweit größte Anzahl an Internetnutzern. Anfang 2024 war diese Zahl nach Angaben des China Internet Network Information Center (CNNIC) auf fast 1,1 Milliarden angewachsen.

Suchtstatistiken
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Suchtstatistiken

Als die Nutzung des Internets sprunghaft anstieg, kamen Bedenken über übermäßige Online-Aktivitäten auf. Eine Studie aus dem Jahr 2008 schätzte, dass 10 Millionen chinesische Bürger und Bürgerinnen internetsüchtig waren.

Junge Nutzer
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Junge Nutzer

In einem Regierungsbericht des China National Children's Center aus dem Jahr 2006 wurde außerdem festgestellt, dass 13 % der 18 Millionen chinesischen Internetnutzer unter 18 Jahren süchtig sind.

Wachsender Trend
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Wachsender Trend

Für die wachsenden Nutzerzahlen gab es in China in den frühen 2000er-Jahren über 200.000 Internetcafés. Diese Cafés boten anonymen Zugang zum Internet und umgingen so die strengen Zensurgesetze des Landes.

Eltern in Alarmbereitschaft
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Eltern in Alarmbereitschaft

In einer Kultur, die viel Wert auf harte Arbeit und schulischen Erfolg legt, begannen sich die Eltern zunehmend Sorgen zu machen, weil ihre Kinder immer mehr Zeit in Internetcafés verbrachten. Berichte über die negativen Folgen der Internetsucht, auch über Gewalt, verstärkten die Sorgen in der Gesellschaft.

Schockierende Fälle
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Schockierende Fälle

Im Jahr 2002 wurden zwei Jugendliche zu lebenslanger Haft verurteilt, weil sie ein tödliches Feuer in einem Pekinger Internetcafé gelegt hatten. Das Feuer, bei dem 25 Menschen ums Leben kamen, wurde angeblich als Vergeltungsmaßnahme gegen den Besitzer gelegt, der ihnen den Zutritt verweigert hatte.

Razzia in Cafés
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Razzia in Cafés

Aus Besorgnis über die zunehmende Internetsucht und Jugendkriminalität ergriff die chinesische Regierung Maßnahmen zur Regulierung der Internetcafés. Im Jahr 2001 wurden sie aus Wohngebieten sowie aus Gebieten in der Nähe von Regierungsbehörden und Schulen verbannt. Im Jahr 2007 wurde ein Verbot für neue Internetcafés erlassen.

Klinische Störung
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Klinische Störung

Die chinesische Regierung erkannte die schwerwiegenden negativen Auswirkungen der Internetsucht und stufte sie im Jahr 2005 als klinische Störung ein.

Wie definiert man Internetsucht?
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Wie definiert man Internetsucht?

Laut der American Psychological Association (APA) spricht man von Internetsucht, wenn jemand so viel Zeit online verbringt, dass es zu Stress und Problemen im Alltag führt.

Wie definiert man Internetsucht?
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Wie definiert man Internetsucht?

Die Diagnose basiert nicht nur auf der online verbrachten Zeit, sondern auch auf ungesunden Verhaltensweisen, die das persönliche, schulische oder berufliche Leben stören.

Behandlungszentren
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Behandlungszentren

Um der wachsenden Besorgnis Rechnung zu tragen, entstand eine neue Branche von Behandlungszentren für Internetsüchtige. Bis 2010 gab es in ganz China über 2.500 solcher Zentren.

Extreme Methoden
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Extreme Methoden

Diese Zentren versprachen Rehabilitation durch Bootcamps im militärischen Stil und wurden oft von ehemaligen Militäroffizieren geleitet, die ein strenges Programm aus Therapie, Medikamenten und körperlichem Training durchführten.

Das Erbe der Armee
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Das Erbe der Armee

Eines der ersten Zentren wurde 2004 von Tao Ran, einem bekannten Oberst der Volksbefreiungsarmee, eingerichtet. Ran, der für seine Erfolge bei der Rehabilitierung von Drogenabhängigen bekannt ist, wandte ähnliche Methoden zur Behandlung der Internetsucht an.

Innerhalb dieser Zentren
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Innerhalb dieser Zentren

Während die Eltern an die Wirksamkeit dieser Zentren glaubten, wurden dort oft umstrittene und missbräuchliche Methoden angewandt.

Disziplin wie beim Militär
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Disziplin wie beim Militär

Die Süchtigen erzählten, dass sie strikten Regeln folgen mussten, darunter das regelmäßige Marschieren auf dem Gelände und Beschimpfungen.

Prekäre Hygiene
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Prekäre Hygiene

Trotz der obligatorischen anstrengenden Übungen berichteten sie über schlechte hygienische Bedingungen und gaben an, dass sie nur einmal pro Woche duschen durften.

Isolation
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Isolation

Diese jungen Menschen waren oft monatelang von ihren Familien und Freunden isoliert.

Hinter Gittern
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Hinter Gittern

In einem Dokumentarfilm der New York Times aus dem Jahr 2014 wurde berichtet, dass in einem Zentrum Teenager gegen ihren Willen festgehalten wurden. Dort waren sie drei bis vier Monate lang eingesperrt und wurden von Soldaten bewacht.

Keine Erziehungsberechtigten
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Keine Erziehungsberechtigten

Die Eltern mussten sogar Vereinbarungen unterzeichnen, in denen sie auf die Vormundschaft für die Dauer der Behandlung verzichteten.

Von Kindern zu Erwachsenen
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Von Kindern zu Erwachsenen

Die "Gefangenen" berichteten, dass in den Zentren Personen von sechs Jahren bis Mitte 30 untergebracht waren.

Schocktherapie
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Schocktherapie

Die umstrittensten Behandlungen waren jedoch noch missbräuchlicher. In Zentren wie dem des Psychiaters Yang Yongxin wurden extreme Methoden angewandt, darunter die Elektrokrampftherapie (EKT), auch bekannt als Schocktherapie.

Als Strafe verwendet
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Als Strafe verwendet

Einem Bericht der chinesischen Zeitung Information Times zufolge erhielten die Patienten und Patientinnen in Yangs Klinik die EKT nicht nur zur Suchtbehandlung, sondern auch als Bestrafung für kleinere Vergehen wie das Essen von Schokolade oder das Sitzen auf Yangs Stuhl. Die Eltern mussten Verträge unterschreiben, in denen sie dieses Risiko anerkannten.

Übermäßiger Einsatz
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Übermäßiger Einsatz

Tang Fei (nicht im Bild), ein ehemaliger Patient, prangerte öffentlich die Praktiken der Klinik an, darunter auch seine Erfahrung mit Dutzenden von EKT-Behandlungen in etwas mehr als einem Monat und einer 30-minütigen Sitzung nach einem gescheiterten Fluchtversuch.

Zur Veranschaulichung
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Zur Veranschaulichung

Bei der EKT werden elektrische Ströme durch das Gehirn geleitet, um Krampfanfälle auszulösen. Dieses Verfahren dauert in der Regel nur wenige Sekunden und wird unter Vollnarkose durchgeführt. Im Gegensatz dazu mussten die Patienten und Patientinnen in Yangs Klinik mehrere lange EKT-Sitzungen über sich ergehen lassen, die oft mehrere Minuten dauerten.

Ein lukratives Geschäft
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Ein lukratives Geschäft

Einige Zentren verlangten exorbitante monatliche Gebühren von 600 bis 1.500 US-Dollar, die das durchschnittliche Wocheneinkommen chinesischer Stadtbewohner weit überstiegen.

Reaktion der Regierung
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Reaktion der Regierung

Die öffentliche Empörung und die internationale Verurteilung zwangen die chinesische Regierung, gegen missbräuchliche Behandlungszentren vorzugehen.

Fachleute reagieren
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Fachleute reagieren

Obwohl die Betreiber der Kliniken eine Erfolgsquote von 70 % angeben, argumentieren Kritiker und Psychologen, dass diese Kliniken im militärischen Stil zu hart und unwirksam sind. Viele ehemalige "Gefangene" litten unter langfristigen psychischen Folgen, darunter PTBS und Depressionen.

Offiziell verboten
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Offiziell verboten

Im Jahr 2009 verbot das chinesische Gesundheitsministerium die Anwendung von EKT bei Internetsucht. Nach weiteren Vorschriften im Jahr 2014 wurden viele missbräuchliche Behandlungszentren geschlossen. In einigen Berichten wird jedoch behauptet, dass die Kliniken weiterhin Schocktherapie unter dem Deckmantel der "Elektroakupunktur" anwenden.

Professionelle Hilfe
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Professionelle Hilfe

Wenn Sie oder jemand, den Sie kennen, mit Internetsucht zu kämpfen hat, ist es wichtig, professionelle Hilfe zu suchen. 

Quellen: (New Yor Times) (The Guardian) (Wired) (Washington Post) (American Psychological Association) (Global Times) (Sixth Tone) (Fern.tv)

Sehen Sie auch: Wie endloses Scrollen durch soziale Medien Sie (buchstäblich) krank machen kann

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