Gefängnisse in den Vereinigten Staaten sprechen offen über ihre beruflichen Programme, die es Insassen ermöglichen, neue Fähigkeiten zu erlernen, die sie nach ihrer Entlassung nutzen können, aber dieselben Gefängnisse sind weitaus zurückhaltender, wenn es um ihre umfassenden, oft obligatorischen Arbeitsprogramme geht, die Insassen dazu zwingen, für lange Stunden und praktisch ohne Bezahlung, wenn überhaupt, unqualifizierte Arbeit zu verrichten.

Nicht alle Staaten sind verpflichtet, ihren Gefängnisarbeitern, ob freiwillig oder nicht, überhaupt etwas zu zahlen, und diejenigen, die dazu verpflichtet sind, zahlen den Arbeitern nur einen Stundenlohn von 25 Cent oder in einigen Fällen bis zu 1,15 US-Dollar. Dieses Einkommen wird besteuert, und es werden auch Teile für die Unterbringung und Verpflegung im Gefängnis abgezogen. Der durchschnittliche Insasse, der unfreiwillig arbeiten muss, kann sich glücklich schätzen, wenn er 100 US-Dollar im Monat verdient.

Der Einsatz von inhaftierten Personen als billige oder kostenlose Arbeitskräfte ist seit der Verabschiedung des 13. Zusatzartikels im Jahr 1865 durch die Verfassung der Vereinigten Staaten geschützt. Ironischerweise ist dies derselbe Zusatz, mit dem die Sklaverei und die Schuldknechtschaft abgeschafft wurden. Ein wesentlicher Satz sorgte jedoch für ein bequemes Schlupfloch. Der 13. Verfassungszusatz schaffte die Sklaverei und die Schuldknechtschaft ab, "außer als Strafe für ein Verbrechen".

Häftlinge, die sich der Zwangsarbeit widersetzen, werden bestraft und misshandelt, sowohl von den Gefängniswärtern als auch vom Gesetz selbst. Wie im 13. Verfassungszusatz festgelegt, ist unfreiwillige Arbeit als eine legale Form der Bestrafung geschützt. Daher geben Insassen ihr Recht auf Arbeitsverweigerung auf, sobald sie inhaftiert sind.

Nur wenige US-Unternehmen beziehen ihre Arbeitskräfte direkt aus privaten Gefängnissen. Die meisten lagern ihre Arbeit an die Federal Prison Industries, besser bekannt als UNICOR, eine staatliche Organisation, aus, die die Arbeitskräfte dann an öffentliche Gefängnisse verteilt.

Gefangene, die von UNICOR zur Arbeit eingesetzt wurden, wurden sogar gezwungen, bei der Herstellung von Kriegsinstrumenten mitzuwirken. Patriot-Raketen, die bei höchst umstrittenen Angriffen der Vereinigten Staaten, Israels und Saudi-Arabiens zum Einsatz kamen, wurden aus Komponenten gebaut, die von unfreiwilligen Arbeitern zusammengesetzt wurden.

Das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten ist einer der besten Kunden von UNICOR. Häftlinge, die im öffentlichen US-Gefängnissystem zu unfreiwilliger Arbeit gezwungen werden, produzieren militärische Rüstungen, Helme, Uniformen und vieles mehr für ein geringes bis gar nicht vorhandenes Gehalt.

Auch inländische Polizeikräfte profitieren von den unschlagbar günstigen Preisen von UNICOR. Zahlreiche Staaten verlassen sich bei der Versorgung mit Uniformen und Schutzausrüstungen auf ihre Gefängnismitarbeiter.

Aber natürlich sind es nicht nur staatliche Stellen, die sich an den äußerst billigen Arbeitskräften des amerikanischen Gefängnissystems bereichern. Auch Giganten wie McDonald's haben indirekt von unfreiwilligen Arbeitskräften in Oregon profitiert, die Uniformen für ihre eigenen unterbezahlten Angestellten genäht haben.

Die Insassen in den Gefängnissen der Vereinigten Staaten wurden für alle Arten von körperlicher Arbeit eingesetzt. Jeder kennt das Bild der Kettenbanden, die Steine zertrümmern und Gräben ausheben, aber das ist doch alles Vergangenheit, oder? Tatsächlich ist die Gefängnisindustrie im 21. Jahrhundert immer noch lebendig und erfolgreich.

Microsoft ist auch in die Kritik geraten, weil das Unternehmen die Verpackung seiner Produkte an Exmark ausgelagert hat – ein Unternehmen, das auf dem Rücken von Gefängnisarbeitern aufgebaut wurde.

Einfache Autoteile für alle, von Honda bis GM, werden ebenfalls häufig von Häftlingen im ganzen Land hergestellt.

Auch Victoria's Secret wurde schon mehrfach dabei erwischt, wie es von Gefängnisarbeit profitierte, angeblich ohne ihr Wissen. Zunächst in den 1990er Jahren, als der Textilzulieferer Third Generation zu Recht beschuldigt wurde, die Näharbeiten für Victoria's-Secret-Produkte an ein privates Gefängnis in South Carolina zu vergeben. Einige Zeit später wurden zwei Insassen eines kalifornischen Gefängnisses bestraft und in Einzelhaft genommen, weil sie sich darüber geäußert hatten, dass sie gezwungen worden waren, "Made in Honduras" Etiketten auf Victoria's-Secret-Kleidungsstücken durch "Made in the USA"-Aufkleber zu ersetzen.

Wie jeder andere Wirtschaftszweig geht auch die Gefängnisindustrie mit der Zeit. Heutzutage verrichten die Häftlinge weit mehr als nur manuelle Arbeit. Sie arbeiten auch als Kundenbetreuer sowohl für staatliche Organisationen als auch für private Unternehmen. Die New Yorker Verkehrsbehörde setzt ein Team von Häftlingen ein, um ihre Telefonanrufe zu bearbeiten, ebenso wie andere Unternehmen wie Microsoft.

Es ist allgemein bekannt, dass Jeans von Häftlingen in Gefängnissen in den Vereinigten Staaten und im Ausland genäht werden. Die amerikanischen Einzelhandelsunternehmen JC Penny und K-Mart beschäftigen nachweislich Gefängnisarbeiter aus privaten Gefängnissen in Tennessee. In Oregon prahlt ein Unternehmen namens Prison Blues damit, dass 80 % der Löhne seiner inhaftierten Mitarbeiter einbehalten werden.

Es sollte nicht überraschen, dass große Mengen des minderwertigen Hackfleischs, das von so vielen amerikanischen Fast-Food-Ketten verwendet wird, von Häftlingen verarbeitet werden.

Ein weiteres Produkt, für das UNICOR kostenlose und gelegentlich unfreiwillige Gefängnisarbeit einsetzt, sind Baseballkappen. UNICOR darf normalerweise nur Produkte an andere Regierungsbehörden verkaufen, aber Baseballkappen sind aus irgendeinem Grund das einzige Produkt, das sie auf dem privaten Markt verkaufen dürfen.

Das San Quentin State Prison in Kalifornien ist berüchtigt dafür, den größten Todestrakt aller Gefängnisse im Land zu haben. Um die Dinge noch dystopischer zu gestalten, ist der Geschenkeladen des Gefängnisses voll mit niedlichen Souvenirs, die von Insassen hergestellt wurden, von Spieluhren bis zu Gemälden. Besucher können sogar Grußkarten kaufen, die von Insassen verfasst und dekoriert wurden, die auf ihre Hinrichtung warten.

Ein freiwilliges Gefängnisarbeitsprogramm des American Printing House for the Blind beschäftigt Häftlinge, die dabei helfen, alles von Romanen über Lehrbücher bis hin zu Musik in Blindenschrift zu übertragen.

Eines der weniger abscheulichen Strafvollzugsprogramme ist das PRIDE-Programm (Prison Rehabilitative Industries and Diversified Enterprises) in Florida. PRIDE ist freiwillig, und fast 70 % der Teilnehmer finden nach dem Gefängnis einen Arbeitsplatz. PRIDE ist für einen großen Teil der Parkbänke, Picknicktische und anderer Parkeinrichtungen in Florida verantwortlich.

Colorado Correction Industries ist eines der berüchtigtsten Strafvollzugsprogramme in den USA und betreibt über 60 Arbeitsprogramme im ganzen Bundesstaat, die landwirtschaftliche Arbeiten und sogar die Herstellung von Fiberglaskanus umfassen. Erst im Jahr 2021 haben Häftlinge in mehr als 20 Gefängnissen des Bundesstaates Colorado das Department of Corrections wegen Zwangsarbeit verklagt. Die Insassen behaupteten, dass ihre Bewährungsanhörungen verschoben wurden, als sie sich verweigerten, unentgeltlich zu arbeiten, und dass sie in schlechteren, kleineren und weniger hygienischen Lebensbedingungen untergebracht wurden als zuvor.

Eine der häufigsten unfreiwilligen Gefängnisarbeiten in den Vereinigten Staaten ist die Arbeit in der Landwirtschaft. Neben unterbezahlten und ausgebeuteten Einwanderern ohne Papiere arbeiten amerikanische Gefangene für einen Bruchteil des Mindestlohns, häufig gegen ihren Willen, um die Nation zu ernähren.

Die gehobene Lebensmittelkette Whole Foods, die sich im Besitz von Amazon befindet, hat sich immer mit ihrem strengen Ethikkodex gebrüstet. Aber ihr Tilapia-Lieferant, Arrowhead Fisheries, bezieht Colorado Correctional Industries in praktisch jeden Schritt des Prozesses ein, von der ersten Fischzucht bis zur Verpackung.

Der größte Eierproduzent in Arizona, Hickman's Family Farms, rühmt sich ironischerweise mit seinen ethisch verantwortungsvollen "Eiern aus Freilandhaltung". Die Menschen, die für Hickman's arbeiten, sind jedoch nicht gerade frei. Ein großer Teil der Belegschaft von Hickman's besteht aus Gefangenen aus Arizona, und in den letzten Jahren wurden zahlreiche Klagen gegen das Unternehmen eingereicht, die von Fahrlässigkeit bis hin zur Unterlassung einer angemessenen medizinischen Versorgung reichen.

Private Gefängnisse im ganzen Land verdienen ein Vermögen, indem sie ihre Insassen beim Bau von Platinen für einige der größten Elektronikunternehmen Amerikas, darunter IBM, Dell und Intel, arbeiten lassen. Im Jahr 2021 gab Intel eine Erklärung ab, in der sie ankündigten, die Arbeit in Gefängnissen nicht mehr zur Unterstützung ihres Geschäfts zu nutzen.

Seit 2019 werden 30 % der Trauben für die preisgekrönten Weine von Holy Cross Abbey von Gefangenen des Gefängnissystems von Colorado geerntet, die von Colorado Correctional Industries beschäftigt werden.

Die Gefängnisarbeitsindustrie produziert jährlich Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 11 Milliarden US-Dollar und ist damit ein Monster, das sich nicht leicht besiegen lässt. Doch, wie bei allen Fragen des sozialen Wandels, wird uns das Wissen und die Verbreitung von Informationen nur näher zu einer gerechteren Gesellschaft bringen.

Quellen: (Mental Floss) (Wired) (Mother Jones)

Auch interessant: Welchen Job hätten Sie wohl vor 100 Jahren gehabt?

UNICOR ist auch der Hauptlieferant von Silhouetten-Schießscheiben für Organisationen wie Homeland Security, das FBI und zahlreiche Polizeidienststellen.

Unbezahlte oder nahezu unbezahlte Arbeit in ihren verschiedenen, unschönen Formen wurde seit Jahrtausenden zum Aufbau von Imperien und Handel genutzt, wobei die meisten Menschen davon ausgehen, dass dies heute, im 21. Jahrhundert längst der Vergangenheit angehört. Leider ist das immernoch nicht der Fall. Obwohl meist nicht sichtbar, werden auch heute noch kriminelle Billigarbeitskräfte ausgebeutet, um allein in den Vereinigten Staaten Waren und Dienstleistungen im Wert von über 11 Milliarden US-Dollar (etwa 9 Milliarden Euro) pro Jahr zu erzeugen. Wie ist das möglich? Die Bundesregierung und kooperierende Subunternehmer lassen Amerikas Gefängnisinsassen für wenige Cents pro Stunde arbeiten, wenn sie überhaupt entlohnt werden. Obwohl sich Interessengruppen unermüdlich dafür einsetzen, der ausbeuterischen Gefängnisarbeit ein Ende zu setzen, sind diese dunkle Industrie und die von ihr hergestellten Produkte in unserem Alltag immer noch allgegenwärtig.

Möchten Sie wissen, ob einige Ihrer alltäglichen Gebrauchsgegenstände durch Gefängnisarbeit hergestellt werden? Klicken Sie sich durch diese Galerie, um es herauszufinden.